Eine Herausforderung für Planerinnen und Planer: Wie kann es gelingen, das zukünftige Wohngebiet Jüchen-Süd mit der Kernstadt zu verbinden?
Mit der Entwicklung des Bahnhofsquartiers geht die Stadt Jüchen, am Rande des Tagebaus Garzweiler gelegen, einen weiteren Schritt Richtung Zukunft. Die geplante verkehrliche Neuordnung und Umgestaltung des erweiterten Bahnhofsumfeldes sorgt zukünftig für eine intelligente städtebauliche Integration von Ortskern, Bahnhofsbereich und dem geplanten Entwicklungsgebiet Jüchen-Süd im Bereich des aufgefüllten Tagebaus – dem „Sprung zurück in die Zukunft“.
Das Projekt ist eine von mehreren umfassenden Entwicklungen, bei denen die Stadt Jüchen in Kooperation mit NRW.URBAN Module des Programms Bau.Land.Leben des Landes Nordrhein-Westfalen nutzt beziehungsweise genutzt hat: Umgesetzt wurde bereits ein Projekt im Rahmen von „Bauland an der Schiene“, ein Projekt über die Kooperative Baulandentwicklung ist gestartet und die städtebauliche Rahmenplanung für ein Strukturwandelprojekt über die Starke Projekte GmbH ist in vollem Gange. Die Stadt Jüchen erfindet sich gerade neu.
Jüchen-West: Kooperative Baulandentwicklung
Eine Baugebietsentwicklung für bis zu 500 Wohneinheiten startete 2022 im Westen des Stadtteils Jüchen im Rahmen der Kooperativen Baulandentwicklung. Mit diesem Bau.Land.Leben-Modul unterstützt das Land Nordrhein-Westfalen Kommunen bei der Mobilisierung und Entwicklung von Wohnbaugrundstücken – mit dem Fokus, anteilig auch öffentlich geförderten Wohnungsbau zu realisieren. Auf rund 15 Hektar entsteht aktuell eine nachhaltige Siedlungsentwicklung, die städtebaulich qualitätsvoll ist und gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum schafft.
Das Plangebiet ist in zwei Bereiche unterteilt. Der nördliche Teil des Gebietes ist für die Siedlungsentwicklung vorgesehen und der südliche Teilbereich – ein rund 24 Hektar großer Landschaftsraum – schließt südlich an und umfasst Grünstrukturen und Ackerflächen. Aus einem städtebaulichen Wettbewerb ging das Büro BAS Kopperschmidt + Moczala GmbH aus Dortmund als Sieger hervor. Der Entwurf verbindet insgesamt acht Quartiere in einem grünen Netz. Das neue Viertel greift die vorhandenen Strukturen der Topografie und Landschaft auf und arrondiert Jüchen auf der Westseite.
Das Bahnhofsquartier und Jüchen-Süd: Starke Projekte!
In Jüchen-Süd ist ein großes und langfristiges Strukturwandelprojekt in Planung: Auf rekultivierten Flächen unmittelbar südlich der Jüchener Kernstadt und der Doppeltrasse für die Bahn und die Autobahn 46 soll ein innovatives und nachhaltiges Quartier der Zukunft entstehen. Die Planungen im Rahmen des Moduls „Bauland an der Schiene“ entwerfen einen attraktiven Wohnund Lebensraum für bis zu 3.000 Menschen in fußläufiger Nähe zum Bahnhof und zur gewachsenen Stadt Jüchen.
Der Zweckverband LANDFOLGE Garzweiler, die Stadt Jüchen und die beauftragten Landschaftsarchitekten und Stadtplaner arbeiten zurzeit am städtebaulichen Rahmenplan für den neuen Stadtteil. Volker Mielchen, Geschäftsführer des Zweckverbands LANDFOLGE Garzweiler: „In den kommenden Jahren stehen der Umbau des Bahnhofs und die Konversion des Bahnhofsumfelds im Vordergrund. Anfang der 2030er-Jahre werden dann die Erschließungsplanung des neuen, innovativen Stadtteils südlich der Autobahn 46 und die Umsetzung der Planungen für das Gelände der Internationalen Gartenausstellung IGA 2037 in den Vordergrund rücken.“
Ein Projekt, das von Umfang und Zeithorizont für eine Stadt wie Jüchen außerordentlich ist: Es bettet sich ein in eine langfristige Entwicklungsstrategie, die eine ganze Region vom Industriestandort in eine nachhaltige, attraktive Landschaft für Wohnen, emissionsarme Gewerbe und Freizeit verwandelt.
Volker Mielchen: „Im Rheinischen Revier soll an den Haltpunkten für den schienengebundenen Personennahverkehr eine verdichtete Siedlungsentwicklung stattfinden, um den weiterhin großen Bedarf an Wohnraum zu decken. In der Tagebaufolgelandschaft lässt sich diese Zukunft des Städtebaus besonders gut zeigen. Es geht um zirkuläres, klimaneutrales und klimaresilientes Bauen mit einer gemischten Sozialstruktur und insgesamt einem starken Landschaftsbezug.“
Das Architekturkollektiv Octagon hat mit seinem Entwurf für das neue Stadtquartier Jüchen-Süd überzeugt. Professor Henry Fenzlein, Architekt und Stadtplaner und geschäftsführender Gesellschafter von Octagon: „Unserem Entwurf liegen fünf Thesen zu Grunde, die uns als Leitlinien für eine nachhaltige Stadtplanung dienen.“ So richtet sich das Gerüst des neuen Quartiers unter dem Leitmotiv „Forest First“ konsequent an Baumrastern und Vegetationsstrukturen aus. Die frühzeitige Ansiedlung von nachhaltigen Unternehmen mit Expertisen für den Holzbau, für nachhaltige Dämmstoffe, Smart City-Modelle, Kreislaufwirtschaft und Energiegewinnung als „forschende Reallabore“ wird angestrebt. Henry Fenzlein: „Diese Unternehmen können auf lokale Ressourcen zurückgreifen und das Quartier vor Ort auch bauen, betreiben und pflegen.“ Das Quartier soll zudem ein Raum für „Cohabitation und neue Gemeinschaften“ werden. Vielfältige Bautypologien, verzahnt mit der Landschaft, öffneten sich für unterschiedliche und sich wandelnde Lebensentwürfe, so der Experte. Das Quartier soll darüber hinaus konsequent zirkulär ausgerichtet werden. Möglichst viele Nutzungen und Produkte des täglichen Bedarfs sollen im Quartier erzeugt, vorgefunden, getauscht und wieder aufbereitet werden. Zuletzt betont Henry Fenzlein die „Offenheit und Dynamik“ des Quartiers als wesentliche Leitlinie: „Ein flexibles Grundraster, Typenbauweise, offene Siedlungsstrukturen ermöglichen Veränderung, Wandel und das Erweitern und Andocken von Bebauungsund Freiraumstrukturen. Das Quartier ist dadurch anpassungsfähig für Veränderung, Wachstum und Schrumpfung sowie sich wandelnde Bedürfnisse.“
Rahmenplanung für das Bahnhofsquartier
Aufbauend auf diese Entwicklungen und Planungen wird aktuell für das Bahnhofsquartier eine städtebauliche Rahmenplanung erarbeitet. Neben einer intelligenten Konzeption für die Querung von Bahntrasse und Autobahn soll die Verkehrsschnittstelle zu einem attraktiven ÖPNVAnkunftsort ausgebaut und umgestaltet sowie besser an das Jüchener Zentrum angebunden werden.
Bürgermeister Harald Zillikens: „Im Mai 2024 haben wir das Planungsbüro HJP Plan+ aus Aachen mit der städtebaulichen Rahmenplanung für das Bahnhofsquartier Jüchen beauftragt. Diese Rahmenplanung ist Bestandteil des geförderten Gesamtprojekts Bahnhofsquartier, das die Stadt Jüchen gemeinsam mit der Starke Projekte GmbH umsetzt. Im Rahmen der weiteren Qualifizierung des Projekts werden wir auch die Anbindung des Bahnhofs in Jüchen an die geplante Radschnellverbindung Mönchengladbach–Jüchen–Grevenbroich prüfen lassen.“
NRW.URBAN unterstützt die Stadt Jüchen über die Starke Projekte GmbH bei der weiteren Qualifizierung des Projekts. Jessica Hupe vom Bereich Konzepte | Entwicklung bei NRW.URBAN: „Wir steuern und moderieren die Absprachen im Projektteam, in dem Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Jüchen, der Planungsbüros und des Zweckverbands LANDFOLGE Garzweiler Hand in Hand arbeiten.“ Das Team beauftragt Gutachten, prüft Förderkulissen und stimmt sich mit der Deutschen Bahn AG ab, damit die Planungen für alle kommunalen Bausteine möglichst schnell konkretisiert werden können. Eva Dannert aus dem Bereich Konzepte | Entwicklung bei NRW.URBAN: „Die Stadt möchte mit ersten Teilprojekten im Bahnhofsquartier möglichst bald in Bearbeitung gehen. Der Terminrahmen sieht eine Fertigstellung bis spätestens 2036 vor.“
Bedeutung der nachhaltigen oder zirkulären Stadt
Alle Projekte in Jüchen zahlen auf die Ansprüche an eine nachhaltige, zirkuläre Stadt ein. In Jüchen-West wird von der Gesamtentwicklungsfläche bewusst ein großer Teil als Frei- und Landschaftraum erhalten bleiben. Der Bahnhof soll zu einem attraktiven ÖPNVAnkunftsort, zu einer multifunktionalen Verkehrsschnittstelle, weiterentwickelt und besser an das Jüchener Zentrum angebunden werden.
Jan Martin von der Heide, Amt für Stadtentwicklung, ergänzt: „Darüber hinaus plant Jüchen bereits einen energieautarken Baubetriebshof mit Vorbildcharakter für andere Kommunen aus nachhaltigen Materialien. Noch liegt Jüchen am Tagebaurand, in einigen Jahrzehnten wird die Stadt im Herzen einer der nachhaltigsten Regionen Deutschlands liegen.


Wissenswertes
Die Initiative Bau.Land.Leben des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen umfasst Unterstützungsangebote für Städte und Gemeinden, um bei der Aktivierung und Entwicklung von Baulandpotenzial zu entlasten. Sie wird durchgeführt von der landeseigenen Tochtergesellschaft NRW.URBAN.
Ihre Kontaktperson

Jessica Hupe
Konzepte | Entwicklung
Revierstraße 3,
44379 Dortmund
Tel.: 0231 4341.248