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BeitragJournal 1/24Konzepte | Entwicklung

Das sagen unsere Themenpaten: So schaffen wir die Wärmewende

By 24. April 2024Keine Kommentare
In Zukunftswerkstätten brachten Fachleute Expertise zu nachhaltigen Mobilitätsangeboten, Wärme- und Kältekonzepten, Raumnutzung, Weggestaltung, Entwässerung und Versorgungssicherheit ein. Auch Bürgermeister Georg Gelhausen (Mitte) diskutierte mit.
In Zukunftswerkstätten brachten Fachleute Expertise zu nachhaltigen Mobilitätsangeboten, Wärme- und Kältekonzepten, Raumnutzung, Weggestaltung, Entwässerung und Versorgungssicherheit ein. Auch Bürgermeister Georg Gelhausen, Bürgermeister der Gemeinde Merzenich (Mitte), diskutierte mit.

Das Dorf Morschenich-Alt in der Gemeinde Merzenich im Kreis Düren sollte dem Braunkohletagebau Hambach weichen. Der Ort wurde leergezogen, die Einheimischen wurden einige Kilometer weiter nach Morschenich-Neu umgesiedelt. Dann kam der Kohleausstieg und RWE verzichtete auf das Abbaggern des Dorfes. Nun soll Morschenich-Alt zu Bürgewald, einem Dorf der Zukunft, werden – und damit zu einem Reallabor für innovative Stadt- oder Dorfplanung. NRW.URBAN begleitet die Gemeinde Merzenich bei der Entwicklung des Zukunftsdorfes Bürgewald. Nächster Schritt: die Erstellung eines dynamischen Masterplans. In mehreren Zukunftswerkstätten haben sich die Fachleute von NRW.URBAN zuvor gemeinsam mit den Verantwortlichen der Gemeinde Inspiration von Themenpaten aus den Bereichen Energie, Wasser und Mobilität geholt.

Verknüpfung mit Städtebau

von Dr. Stefan Röder

Als Themenpate für den Bereich Energie eröffnete sich uns im Rahmen der intensiven Werkstätten zum fachplanerischen Zukunftsbild für Bürgewald die Chance, unsere Perspektive für die Energieversorgung der Zukunft einzubringen. Bürgewald bietet ein bisher nicht dagewesenes Experimentierfeld, das für viele weitere Projekte in Zukunft als Blaupause dienen kann.

Losgelöst von einzelnen Technologien sind wir davon überzeugt, dass Energieversorgungsnetze dezentral und flexibel werden müssen, dabei setzen wir auf leitungsgebundene erdverlegte Infrastrukturen. Dezentralität sollte unserer Ansicht nach jedoch nicht so weit gefasst werden, dass jeder Haushalt sich selbst versorgt. So entsteht ein Flickenteppich an Wärmeversorgungslösungen, der nicht im Interesse einer Kommune und der einzelnen Bürgerinnen und Bürger sein kann. Eine sichere und bezahlbare Versorgung lebt immer auch von Redundanzen, von Komponenten, Systemen oder Maßnahmen, die als Reserve oder Sicherheitsmaßnahme dienen können. Unserer Meinung nach liegt die Zukunft in Nahwärmenetzen. Wir befürworten modulare Lösungen, die in sich optimiert und geregelt werden, um dann über alle Einzelnetze hinweg ein Gesamtoptimum zu schaffen.

Dr. Stefan Röder, Themenpate Energie
Dr. Stefan Röder, Themenpate Energie

Großen Abstimmungsbedarf sehen wir bei den unterschiedlichen Sektoren Strom, Gas, Wärme und Breitbandversorgung. Unsere Erfahrung zeigt, dass es dringend
eine Koordinationsstelle geben muss, die diskriminierungsfrei zwischen den Bedarfen für Netzausbau und -umbau sowie den Ansprüchen der Bedarfsträger an Leistungsfähigkeit und Netzgröße vermitteln kann. Zudem benötigen wir eine völlig neue Art der Ausbildung: Fachkräfte, die interdisziplinär in den Bereichen Gas, Wasser und Strom zusammenarbeiten und im besten Fall integrierte Fortbildungen genossen haben. Wer die Infrastruktur der Zukunft plant, baut und betreibt, benötigt eine systemische Sicht auf die Netzversorgung: Das gilt für Kommunen ebenso wie für Unternehmen und Netzbetreiber, die in direkter Kommunikation mit den Endkundinnen und -kunden dauerhaft stabile, hochverfügbare, wirtschaftliche Infrastrukturen schaffen müssen. Für diese systemische Sicht ist ein „Digitaler Zwilling“ – also ein digitales Abbild der Energieinfrastruktur – die Lösung, die sowohl für die Netzplanung als auch für den Betrieb von Energienetzen
dienen kann.

Eine besondere Herausforderung besteht in der energetischen Ertüchtigung von Bestandsquartieren. Das macht Bürgewald als Experimentierfeld so spannend. Bei Neubauquartieren entspricht die energetische Anbindung und die Wärmeversorgung in der Regel bereits hohen Standards. Im Bestand jedoch müssen die Fachleute Lösungen schaffen, die wenig Platz beanspruchen, die sich mit gewachsenen Strukturen auseinandersetzen und etablierte Systeme ersetzen. Da gibt es keine One-size-fits-all-Lösung. Forschung, Handwerk, Industrie und Versorgungsunternehmen sind gefordert, Hand in Hand Lösungen für die Praxis zu schaffen – vom Projekt Bürgewald erhoffen wir uns vor allem in diesem Bereich neue Erkenntnisse.

Dr. Stefan Röder von der SME Management GmbH begleitet als Themenpate für Energiethemen das Projekt Bürgewald im Rheinischen Revier. Das Fachbüro berät deutschlandweit Unternehmen, Kommunen und Netzbetreiber, um zukunftsfähige Versorgungslösungen zu implementieren

Lennart Schminnes, Strukturwandelmana er der Gemeinde Merzenich, Philipp Kuhlenkötter, Projektleiter NRW.URBAN, und Carolin Kruse, Fair Spaces
Lennart Schminnes, Strukturwandelmanager der Gemeinde Merzenich, Philipp Kuhlenkötter, Projektleiter NRW.URBAN, und Carolin Kruse, Fair Spaces
Prof. Dr. Karsten Kerres, Themenpate Wasser, lehrt und forscht im Lehrgebiet Netzingenieurwesen an der FH Aachen.
Prof. Dr. Karsten Kerres, Themenpate Wasser, lehrt und forscht im Lehrgebiet Netzingenieurwesen an der FH Aachen.

Ideales fachplanerisches Zukunftsbild für den Umgang mit der Ressource Wasser

von Heinrich Herbst

Die Zukunftswerkstatt Bürgewald repräsentiert einen innovativen Ansatz zur Gestaltung einer nachhaltigen und umweltbewussten Zukunft. In einer Welt, die zunehmend mit den Herausforderungen des Klimawandels, des Verlusts der Biodiversität und der Energiewende konfrontiert ist, bietet diese Experimentierfläche eine Plattform für innovative Planerinnen und Planer, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Wir sehen die Aufgabe insofern als herausfordernd und hochinteressant an, als dass sich der Klimawandel auf den Transformations- und Anpassungsdruck wasserwirtschaftlicher Infrastrukturen in besonders starker Weise auswirkt.

Das ideale fachplanerische Zukunftsbild in Bezug auf den Umgang mit der Ressource Wasser basiert auf vier wesentlichen Leitzielen:

  • Herstellung naturnaher Wasserkreisläufe,
  • Netto-Null-Versiegelung,
  • multifunktionale Nutzung der Ressource
    Wasser (in Bezug auf die enthaltenen
    Nährstoffe, den Energieinhalt und das
    Wasser selbst) sowie die
  • wassersensible Dorfentwicklung.

Sowohl umfangreiche technische, rechtliche und wirtschaftliche Kenntnisse als auch kreative und partizipationsfördernde Arbeitsweisen sind erforderlich, um den Bestand zu nutzen und leistungsfähige Neuerungen zu implementieren. Gemeinsam mit dem ISCE | Institute of Smart City Engineering der Fachhochschule Aachen als wissenschaftlicher Einrichtung wollen wir den Bürgewalder Siedlungsraum durch die Einbindung besonders zukunftsweisender und innovativer Lösungen effizient (multifunktional), technologisch fortschrittlich und CO2-neutral gestalten. Dabei sollen modulare, flexible, technisch bewährte und gesellschaftlich akzeptierte Technologien eingesetzt werden.

Die Zukunftswerkstatt Bürgewald stellt insgesamt einen wichtigen Schritt dar, um die Entwicklung nachhaltiger Lebensräume voranzutreiben. Sie eröffnet neue Perspektiven und zeigt, dass durch die Bündelung von Expertise und Engagement der Verwaltung eine dynamische Bewegung entstehen kann, die das Potenzial hat, weit über die Grenzen von Bürgewald hinaus Veränderungen anzustoßen.

Dr. Heinrich Herbst, Themenpate Wasser
Dr. Heinrich Herbst, Themenpate Wasser

Dr.-Ing. Heinrich Herbst ist Fachkoordinator Wasser und Technologie bei der Sweco GmbH, Köln

Erst das Angebot – dann die Routine

von Carolin Kruse

Ein idealer Fahrplan, Bürgewald und die Region mit einer zukunftsweisenden Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur zu versorgen, sieht vor, dass die Verkehrsinfrastruktur vor den Bewohnerinnen und Bewohnern einzieht. Das heißt, dass Mobilitätsmaßnahmen wie Radschnellverbindungen, sichere Gehwege oder ein Lastenrad-Sharing fertiggestellt werden, bevor bei einem wiederbelebten Dorf wie Bürgewald oder einem neuen Quartier die Bewohnerinnen und Bewohner sich einrichten und ihre Routinen entwickeln. Es gilt den aktuellen Fahrradtrend durch einen flotten, breit angelegten Ausbau des Radverkehrsnetzes zu unterstützen.

Wie realistisch ist es, dass sich auch die ländlicheren Gemeinden als „Orte der kurzen Wege“ aufstellen können, dass Geschäfte, Institutionen, kulturelle Einrichtungen und öffentliche Transportmittel innerhalb von 15 Minuten von jedem beliebigen Ort im Quartier zu erreichen sind?

Themenpatin Carolin Kruse und Stefan Rönz, NRW.URBAN
Themenpatin Carolin Kruse und Stefan Rönz, NRW.URBAN

Wir sind überzeugt, dass das 15-Minuten-Dorf überaus realistisch ist. Wir wissen aus verschiedenen Projekten, wie zukunftsweisend sich der ländliche Raum gerade
aufstellt in der alltäglichen Versorgung: Coworking-Plätze, die mobile Bankfiliale, die ins Dorf kommt, der 24-Stunden-Dorfladen, der von lokalen Versorgern bestückt wird, oder auch moderne On-Demand-Verkehre wie Bürgerbusse. Natürlich ist das Angebot kleiner als in der Großstadt, doch die grundsätzliche Versorgung ist wichtig, insbesondere für Menschen, die nicht mit dem Auto mobil sein möchten oder nicht (mehr) können wie zum Beispiel Kinder, Jugendliche oder Seniorinnen und Senioren. Eine gezielte Dorfentwicklung kann wieder mehr Anlaufpunkte schaffen und dadurch die Wege für die Dorfbewohnerinnen und -bewohner deutlich verkürzen.

Carolin Kruse ist Mobilitätsberaterin und Geschäftsführerin der Fair Spaces GmbH.

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Ihre Kontaktperson

Phillipp Kuhlenkötter
Konzepte | Entwicklung

Fritz-Vomfelde-Str. 10, Düsseldorf 40547
Tel.: 0211 54238.271

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Philipp Kuhlenkötter, NRW.URBAN

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