Matthias Rottmann vom Planungsbüro De Zwarte Hond erläutert in einer Bürgerversammlung das städtebauliche Entwicklungsprojekt
Langerwehe, eine kleine Gemeinde im Kreis Düren, steht an einem Wendepunkt seiner Dorf- und Mobilitätsentwicklung: Wie verwandelt man das Bahnhofsquartier in eine zukunftsweisende Mobilitätsdrehscheibe, die nicht nur die lokale Gemeinschaft stärkt, sondern auch die Region als Ganzes bereichert? Vor dem Hintergrund des Strukturwandels und zusätzlicher Fördermittel gilt es zu entscheiden, welche Schritte Langerwehe unternimmt, um den Übergang zur Mobilität der Zukunft zu meistern. Welche kurzfristigen Projekte können dabei den Weg für eine nachhaltige Dorfentwicklung ebnen? Diese Herausforderung steht symbolisch für den größeren Transformationsprozess, in dem sichtbare Fortschritte und innovative Lösungen im Bereich Nahverkehr nicht nur die Mobilität verbessern, sondern auch ein lebendiges Signal des Wandels und der Erneuerung setzen. Peter Münstermann, Bürgermeister der Gemeinde: „Wir freuen uns, durch die Starke Projekte GmbH für die Weiterentwicklung unserer Strukturwandelideen umfangreiche Unterstützung zu erhalten. Das städtebauliche Konzept ist ein erster Meilenstein, um möglichst bald die Sanierung des Bahnhofsgebäudes und die Entwicklung des Bahnhofsumfeldes anstoßen zu können.“ Neben dem im Eigentum der Gemeinde stehenden Bahnhofsgebäude mit dem dort ansässigen InfoCenter Indeland sollen auch die in der Nähe befindlichen Bahnunterführungen und die Innenstadt von Langerwehe im Rahmen des Strukturwandels berücksichtigt werden.
Beitrag zur Mobilitätswende
„In Langerwehe hält der RRX, die Regionalbahnlinie von Hamm nach Aachen. Das ist schon heute ein großes Plus für den kleinen Ort im Rheinischen Revier. Zukünftig soll der Bahnhof als Eingangstor in das Indeland ein attraktiver Knotenpunkt werden, neu gestaltete Bahnunterführungen werden die Ortsteile verbinden und zur Mobilitätswende beitragen“, erklärt Jessica Hupe, Projektleiterin von NRW.URBAN. Im Zuge eines Programms zur Neugestaltung des Rheinischen Reviers hat die Starke Projekte GmbH in Langerwehe bedeutende Akzente gesetzt. Die Projektgesellschaft bezieht neben der ressourcenschonenden Sanierung des ehemaligen Empfangsgebäudes und der Wiederbelebung des Bahnhofsquartiers auch die umliegenden Flächenpotenziale in die Betrachtung mit ein. Neuer Wohnraum, Raum für Arbeitsplätze sowie die Aufwertung öffentlicher Plätze in Langerwehe stehen ebenfalls auf der Agenda. Ein im Mai 2022 festgelegter Handlungsrahmen, abgestimmt mit dem Bauministerium, dem Verkehrsministerium und dem Wirtschaftsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen sowie mit weiteren lokalen Akteuren, unterstreicht die gemeinschaftliche Vision einer lebendigen, zukunftsfähigen Gemeinde. Die Starke Projekte GmbH steht dabei nicht nur beratend zur Seite, sondern steuert aktiv die Realisierung dieser zukunftsorientierten Entwicklung.
Das Bahnhofsquartier in Langerwehe, aber auch die nahe liegende Innenstadt, sollen nach Empfehlung des Planungsbüros De Zwarte Hond in Zukunft anders aussehen: freundlich, grün, barrierearm. Visualisierung: De Zwarte Hond
Städtebauliches Konzept
Am 11. März 2024 fand die Abschlusspräsentation des städtebaulichen Konzepts Langerwehe statt. Die Starke Projekte GmbH hat De Zwarte Hond, ein Büro für Architektur, Urban Design und Strategie, beauftragt, den Werkstattprozess aufzusetzen und das Konzept in enger Kooperation mit der Gemeinde und den Bürgerinnen und Bürgern aus Langerwehe zu entwickeln. Der Abschlusspräsentation war ein umfassender Prozess vorangegangen, um die Ausgangslage zu analysieren, die Sichtweisen der Bürgerinnen und Bürger kennenzulernen sowie Informationen zum Strukturwandel, zu Fördermöglichkeiten und Entwicklungschancen zu vermitteln.
”Das städtebauliche Konzept ist ein erster Meilenstein, um möglichst bald die Sanierung des Bahnhofsgebäudes und die Entwicklung des Bahnhofsumfeldes anstoßen zu können.
Peter MünstermannBürgermeister der Gemeinde Langerwehe
Zu viele Barrieren und zu wenig Grün
Aktuell zeigt sich Langerwehe Ankommenden nicht von seiner besten Seite. Der Charme des Bahnhofsgebäudes, im Jahr 1841 erbaut, wird verdeckt durch Nebenbauwerke. Das Gebäude selbst hat großen Sanierungsbedarf, allein das InfoCenter Indeland hat Willkommenscharakter, nicht zuletzt durch die freundliche und engagierte Tourismusberaterin. Stellplätze nehmen einem begrünten Bereich mit einer Skulptur des Kleinen Indemanns, dem Wahrzeichen der Region, die Aufenthaltsqualität.
Wer vom Bahnhof die Langerweher Innenstadt erkunden möchte, ist zwar nah dran, muss aber eine von zwei Fußgängerunterführungen nutzen – entweder die Gleisanlagen unterirdisch queren oder durch einen rund 100 Meter entfernten Fußgängertunnel laufen. Beide sind nicht barrierefrei und werden von vielen Menschen als Angsträume empfunden.
Das Bahnhofsquartier in Langerwehe, aber auch die nahe liegende Innenstadt, soll nach Empfehlung des Planungsbüros De Zwarte Hond in Zukunft anders aussehen: freundlich, grün, barrierearm. Matthias Rottmann präsentierte einen Arbeitsstand, der nun als Basis dienen kann, das weitere Verfahren zu strukturieren.
Matthias Rottmann: „Langerwehe liegt im Spannungsfeld zweier touristischer Highlights: dem zukünftigen Indesee und den Ausläufern der Eifel. Es ist eine große Chance für die Gemeinde, sich genau zwischen diesen beiden touristischen Zielen selbst als touristischer Anker zu positionieren.“ Dafür müssten einerseits die Barrieren zwischen Bahnhof und Bahnhofsumfeld sowie der Innenstadt abgebaut werden, dafür müsse sich aber auch in der Innenstadt selbst einiges verändern. Zudem gelte es, zukünftige Hitzeinseln zu vermeiden und sich gegen Starkregenereignisse zu schützen, den Ort also klimaresilienter zu gestalten als bisher.
„Wir raten dringend, die Verkehrsführung im Ort zu ändern“, sagt Matthias Rottmann. Er zeigt in der Abschlusspräsentation mehrere Möglichkeiten auf, die Situation zu verbessern: eine geänderte Führung des Busverkehrs in einer Einwegschleife, das Auslagern der Parkplätze an die Ortskernränder oder in wenige zentrale Parkplätze, die Begrünung der Straße durch schattenspendende Bäume sowie die Ausweisung der Straße für Mischverkehre. Dies mache die Hauptstraße für die Einwohnerinnen und Einwohner ebenso attraktiv wie für Touristinnen und Touristen. Die Visualisierungen in der Präsentation zeigen belebte Geschäfte, entspannte Radfahrerinnen und Radfahrer, schlendernde Einkaufsbummler, Menschen, die sich in Straßencafés zum Plausch treffen.
Viele Besucherinnen und Besucher aus Langerwehe spendeten am Ende der Präsentation Applaus, wenn einige auch ungläubige Blicke tauschten: Ob das gezeichnete Idyll auch wirklich Gestalt annehmen wird? Wieder andere machten deutlich, dass sie an Gewohntem gern festhalten würden, insbesondere der Wegfall von Parkplätzen führte zu vielen Wortbeiträgen. Dazu Matthias Rottmann: „Der Platz zwischen den Häuserreihen entlang der Hauptstraße ist begrenzt. Es wird einen Verdrängungseffekt geben, eine signifikante Anzahl der Stellplätze muss weichen. Diesen Verlust werden die gewonnene Aufenthaltsqualität und die wirtschaftlichen Impulse für Geschäfte und Gastronomie in Langerwehe aber bei Weitem aufwiegen.“
Fotos: Frank Vinken
Die Maßnahmen im Überblick
Das Bahnhofsgebäude soll in Zukunft von zwei Seiten begehbar werden und übereck freundliche Begrüßungsfronten erhalten. Mit Café, Bistro und Tourismuszentrum wandelt sich der Bahnhof vom Funktions- zum Erlebnisgebäude mit hoher Aufenthaltsqualität – sowohl für Touristinnen und Touristen als auch für Langerweher Bürgerinnen und Bürger, die sich zentral auf einen Kaffee treffen oder Angehörige zum Bahnhof bringen oder abholen. Das Planungsbüro empfiehlt, die Gleise direkt vom Bahnhofsplatz und über eine barrierearme Brücke sowie über Fahrstühle zugänglich zu machen. So kann eine offene Querungssituation entstehen, die soziale Kontrolle ermöglicht und Angsträume beseitigt.
Bahnhofsvorplatz vorher
Bahnhofsvorplatz nachher
Der Fußgängertunnel, der aktuell über Treppen zugänglich, eng und dunkel ist, soll verbreitert und über eine barrierearme Rampe erreichbar werden. Dadurch fällt das Licht vom anderen Ende des Tunnels weit in den Gang.
Der Kirchplatz in Langerwehe ist heute schon ein zentraler Treffpunkt – allerdings von Kraftfahrzeugen, die hier aus allen Richtungen in den Kreisverkehr einfahren. Der Vorschlag des Planungsbüros: den Hauptverkehr über die bereits bestehende Umgehungsstraße lenken und eine offene Mischfläche anlegen, auf der Fußgängerinnen und Fußgänger, Autos und Radlerinnen und Radler gleichberechtigt unterwegs sind. Ungewöhnlich, aber in den Niederlanden erfolgreich erprobt.
Fußgängertunnel vorher
Kirchplatz vorher
Fußgängertunnel nachher
Kirchplatz nachher
Der Jakobusplatz ist Eingangsbereich zu einem Fuß- und Radweg entlang des Wehebachs, der in das Naturschutzgebiet Wehebach führt. Im Bereich der Langerweher Innenstadt ist das Bachufer noch von einer versiegelten Böschung abgegrenzt, die aus Sicht des Planungsbüros durch Retentionsflächen und eine Böschung mit attraktiven Aufenthaltsorten ersetzt werden sollte.
Der Töpferplatz: Den Ton gibt im Moment nicht die namensgebende Töpferstatue an, sondern ein großer Parkplatz vor dem Markt einer führenden Drogerie-Kette. Hier lautet der Vorschlag: den Einzelhandel weiter vorn ansiedeln, den Platz so also verkleinern und intimer und behaglicher gestalten. Die Parkplätze sollen dann auf ein Parkdeck auf dem neuen Einzelhandelsgebäude wandern.
Töpferplatz vorher
Töpferplatz nachher
Das städtebauliche Entwicklungskonzept bezog weiterhin die Hauptstraße Langerwehes mit ein. Wie ihr Name verrät, führt diese Straße einmal quer durch den Ort, hier liegen Einzelhandelsgeschäfte, Apotheken, Bäckerei und Cafés. Die recht schmale Straße säumen Parkbuchten, hier fahren Busse, Autos und Lkw, immer wieder kommt es zu Engpässen, wenn sich Kraftfahrzeuge begegnen, Radfahrerinnen und Radfahrer sind häufig Gefahrensituation ausgesetzt, Bäume oder Grüninseln gibt es nicht.
Ihre Kontaktperson
Jessica Hupe
Konzepte | Entwicklung
Revierstraße 3,
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