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BeitragJournal 2/23Planung | Steuerung | Bau

Die Pendlerroute RS1 von Moers bis Hamm – Fahrradfahren auf der Autobahn

By 2. Oktober 2023No Comments8 Minuten Lesezeit
Mülheim an der Ruhr RS1

Seit Herbst 2016 ist der Landesbetrieb Straßen.NRW federführend für das Projekt RS1 verantwortlich. 114 Kilometer lang soll der RS1 werden – eine Fahrradautobahn von Moers bis nach Hamm. Dafür wird seit Jahren nach und nach jeder Abschnitt bis ins Detail betrachtet, Expertinnen und Experten planen den Verlauf in elf Kommunen und zwei Kreisen, erste Abschnitte sind inzwischen gebaut. „Der Bau des RS1 ist mit der Umsetzung eines Straßenbauvorhabens für den Autoverkehr vergleichbar und unterliegt damit grundsätzlich den gleichen fachlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Der Aufwand vom Beginn der Planung über die Erlangung des Baurechts bis zum Baubeginn entspricht dem einer Landesstraße“, erläutert Ahmed Karroum, Leiter der Straßen.NRW-Regionalniederlassung Ruhr.

Der RS1 verläuft quer durch den dicht besiedelten Raum der Metropole Ruhr. Um in der bestehenden Infrastruktur die hohen Qualitätsansprüche an eine RS-Strecke umzusetzen, muss zwangsläufig eine „Neuverteilung“ von Flächen austariert werden. „Die Vorlaufzeiten für Planungen, Genehmigungen, Abstimmungen, Abwägungsprozesse, Grunderwerbsverhandlungen oder Ausschreibungen sind hoch, da die Belange einer Vielzahl von Akteuren zu berücksichtigen sind“, sagt Klaus-Dieter Büttner von NRW.URBAN. Er vermittelt zwischen Kommunen und der Deutschen Bahn, berät – teils im Auftrag von Straßen.NRW, teils über direkte Dienstleistungsaufträge – die Fachabteilungen der Kommunen und koordiniert mit seinem Team vielfältige Planungsaufgaben.

Nicht überall kann aufgrund der Dichte in den Städten der RS1-Standard 100-prozentig eingehalten werden. Welche Zugeständnisse werden gemacht? Ahmed Karroum: „Die Machbarkeitsstudie hat im Prinzip nur aus der ‚Vogelperspektive‘ festgestellt, dass der Bau des RS1 grundsätzlich sinnvoll und machbar ist. Unsere Aufgabe ist es jetzt, die Vogelperspektive zu verlassen.“ Der Landesbetrieb prüft, welche Herausforderungen vor Ort tatsächlich bestehen und wie damit planerisch sowie bau- und umweltrechtlich umzugehen ist. Dazu gehört beispielsweise die Ermittlung und Berücksichtigung von vorhandenen Leitungen, die Neuplanung und Verlegung bestehender Gleisanlagen oder der Umgang mit denkmalgeschützten Anlagen und Brücken. „Konkret kann dies bedeuten, dass in manchen Streckenabschnitten die empfohlene Fahrbahnbreite von mindestens zwei Metern je Fahrtrichtung nicht umgesetzt werden kann. Auf anderen Streckenabschnitten werden im Planungsprozess alternative Umsetzungsmöglichkeiten für die klare Trennung vom Fußverkehr geprüft“, erläutert Ahmed Karroum.

Interkommunale Lösungen

Die Stadt Duisburg hat sich für die Steuerung der Planung und Umsetzung des rund 15,5 Kilometer langen Teilstücks des RS1 auf ihrem Stadtgebiet für NRW.URBAN als Partner entschieden. Duisburgs Beteiligung an der NRW.URBAN Kommunale Entwicklung GmbH macht es möglich, die Leistungen der Projektsteuerung schnell und unkompliziert in Anspruch nehmen zu können. Über die Rahmenvertragsinitiative der Landesinitiative Bau.Land.Leben konnten die Prozesse zudem beschleunigt werden. Sie ermöglicht es, aus einem Pool von Rahmenvertragspartnern auszuwählen und Gutachterleistungen ohne komplexe Ausschreibungsprozedere einzukaufen. Duisburg musste 2021 noch einmal neu in die Bestandsaufnahme und Planung einsteigen, da die Stadt Moers sich dem RS1-Projekt angeschlossen hatte. Erst durch eine Nord-Verschiebung der Trasse von der Hochfelder Eisenbahnbrücke auf die A40-Rheinbrücke Neuenkamp wurde die Verlängerung des RS1 bis nach Moers möglich. Dafür musste auch das Bundesfernstraßengesetz geändert werden, das nun die Führung von Radwegen über Autobahnbrücken des Bundes ermöglicht. Einen Teil des Streckenverlaufs, der heute nicht mehr zum RS1 gehört, Bestandteil der Machbarkeitsstudie des RVR war und Bedeutung für die IGA 2027 und den RheinPark in Hochfeld hat, baut die Stadt in Eigenregie.

In Duisburg berühren zwei Flächen mit Bedeutung für den RS1 sowie eine weitere Fläche für eine komplementäre kommunale Trasse die Interessen der Deutschen Bahn AG. Aufgrund der Komplexität der Konzernstruktur sowie der Prozesse sind das Wissen, die Erfahrung und die Kontakte von NRW.URBAN mehr als hilfreich.

Patrick HoenningerAmt für Stadtentwicklung und Projektmanagement der Stadt Duisburg
Mülheim an der Ruhr: Hier ist auf der ehemaligen Bahntrasse der Rheinischen Bahn RS1-Feeling erlebbar. Der neue Radweg wurde auf Damm und Viadukt hochgelegt.
Mülheim an der Ruhr: Hier ist auf der ehemaligen Bahntrasse der Rheinischen Bahn RS1-Feeling erlebbar. Der neue Radweg wurde auf Damm und Viadukt hochgelegt.
Bilder: Christoph Kniel
Unterwegs im Essener Eltingviertel: Bald soll das Quartier über den RS1 besser an die Innenstadt angebunden werden.
Unterwegs im Essener Eltingviertel: Bald soll das Quartier über den RS1 besser an die Innenstadt angebunden werden.

Anknüpfung ans überregionale Radwegenetz

In Essen wurde und wird weiter ein Upgrade des bereits bestehenden, gut ausgebauten Geh- und Radwegs „Rheinische Bahn“ auf RS1-Niveau umgesetzt. Das Ziel: zehn Kilometer kreuzungsfrei zwischen der Essener Innenstadt und dem Mülheimer Hauptbahnhof, eingebunden in die regionale Radwegekonzeption und den Emscher Landschaftspark. Das Teilstück Mülheim, Duisburger Straße, bis Essen, Univiertel, ist bereits gebaut. Die Stadt Essen stellt den RS1 und die Radmobilität zwischen Niederfeldsee, Univiertel und Eltingviertel in den Mittelpunkt ihrer Quartiersentwicklung. BEG/NRW.URBAN unterstützt die Stadt Essen über das Landesprogramm Bau.Land.Leben bei den Planungen. Der RS1 wird in diesem innerstädtischen Bereich eng mit neu entstehenden Wohngebäuden verzahnt werden. Mit dem heute noch brachliegenden Bahndamm kann so auch östlich des Univiertels ein zukunftsweisendes Quartier entwickelt und das Eltingviertel besser an die Innenstadt angebunden werden. Für das Eltingviertel liegt ein Bebauungsplan-Entwurf vor. Östlich des Eltingviertels muss der Gleisanschluss für das Unternehmen EVONIK neu organisiert werden, Straßen.NRW hat die Genehmigungsplanung DB Netz AG zur Zustimmung vorgelegt. Von Essen-Stoppenberg bis Essen-Kray werden mehrere Varianten für die Trassenführung geprüft, eine Vorzugsvariante steht aktuell noch nicht fest.

Die städtischen Planungen zur Radverkehrsinfrastruktur in Bochum und die regionalen Planungen zum RS1 sind eng aufeinander abgestimmt. Unser Hauptziel ist es, eine durchgängige und sichere Radinfrastruktur zu schaffen und den RS1 in das lokale Radnetz einzubinden, um optimale Anbindungen und Übergänge zu gewährleisten.

Anna MansholtAmt für Stadterneuerung und Bodenmanagement der Stadt Essen
Unterwegs im Essener Eltingviertel: Bald soll das Quartier über den RS1 besser an die Innenstadt angebunden werden.

Verknüpfung mit Städtebau

Die Stadt Bochum hat im Oktober 2021 ein erstes Teilstück des RS1 freigegeben, im Juli 2022 folgte ein zweiter Abschnitt in Bochum-Stahlhausen. Der RS1 ist nun von der Bessemerstraße bis zum Anschluss an die Grünanlage im Westend parallel zur Stahlhauser Straße befahrbar. Der neueröffnete Abschnitt schafft auch eine Anbindung zum bereits bestehenden Geh- und Radweg „Parkband West“. Damit gibt es einen direkten Weg für den Radverkehr bis zur Jahrhunderthalle und zum Westpark. Aktuell laufen die Planungen für die angrenzenden Teilstrecken des RS1. Im Bereich eines ehemaligen Güterbahnhofs haben sich die Städte Bochum und Gelsenkirchen auf eine gemeinsame Rahmenplanung geeinigt. Für den Bochumer Bereich hat NRW.URBAN mit der Stadt Bochum und der DB Immobilien AG einen Investorenwettbewerb durchgeführt. Anfang 2024 soll mit dem Bebauungsplanbegonnen werden. Für den Gelsenkirchener Bereich ist die DB Immobilien AG noch in Kaufverhandlungen mit der Stadt Gelsenkirchen.

Zugeständnisse aus Platzgründen sieht das RS1-Leitbild durchaus vor. In einigen Teilbereichen bauen Kommunen Radwegverbindungen unabhängig vom RS1-Gesamtprojekt, sehen es aber für diese Teilstücke als ‚freiwillige Selbstverpflichtung‘, die Standards zumindest annähernd einzuhalten.

Peter van DykReferat für politische Gremien, Bürgerbeteiligung und Kommunikation der Stadt Bochum
Unterwegs auf dem RS1
RS1 - Eltingviertel, Essen

Abweichungen vom RS1-Standard

Nicht überall kann der RS1-Standard 100-prozentig eingehalten werden. In Dortmund wurde 2022 zum Beispiel ein knapper Kilometer im Dortmunder Kreuzviertel offiziell als RS1 befahrbar. Es handelt sich jedoch nicht um einen separaten Radweg, sondern um eine Fahrradstraße. In Duisburg wird bei der Wegeführung zwischen einem Friedhof und der Bahntrasse geprüft, ob die vorgesehene Breite für den RS1 eingehalten werden kann. Auch in anderen eng bebauten Städten der Metropole Ruhr Städten gibt es Abweichungen vom hohen RS-Standard.

Zugeständnisse aus Platzgründen sieht das RS1-Leitbild durchaus vor. In einigen Teilbereichen bauen Kommunen Radwegverbindungen unabhängig vom RS1-Gesamtprojekt, sehen es aber für diese Teilstücke als ‚freiwillige Selbstverpflichtung‘, die
Standards zumindest annähernd einzuhalten.

Susanne KöhlerNRW.URBAN

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Susanne Köhler
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Tel.: 0231 4341.349

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