Die Entwicklung der ehemaligen Zeche Erin zu einem modernen Dienstleistungs-, Gewerbe- und Landschaftspark in Castrop-Rauxel gilt als eines der Vorzeigeprojekte der nachhaltigen Stadtgestaltung. Prägendes Element: Wasser. Vieles, was heute gefordert wird, wie mehr Grün im öffentlichen Raum, eine hohe Aufenthaltsqualität, Maßnahmen zur Klimaanpassung, wurde in der Ruhrgebietsstadt schon 1995 in die Wege geleitet. Die Flächenentwicklung setzten Kommune und Landesgesellschaft im Sinne der Internationalen Bauausstellung Emscher Park (IBA Emscher Park) um. Das auf zehn Jahre angelegte Zukunftsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen zur Bewältigung der Strukturkrise im nördlichen Ruhrgebiet trug in den 1990er-Jahren entscheidend zu einem neuen Selbstbewusstsein der Region, aber auch zu besonders nachhaltigen Flächennutzungen bei. Im Fokus standen unter anderem der ökologische Umbau des Emscher-Systems und das Programm „Arbeiten im Park“.
Wasserlauf sorgt für gutes Mikroklima
Beide Aspekte wurden mit dem Erin-Park in Castrop-Rauxel vorbildlich umgesetzt: Ein mit Schilf bewachsener 500 Meter langer Wasserlauf sowie zwei große naturnah gestaltete Retentionsbecken mit einem Fassungsvermögen von 3.000 Kubikmetern sorgen hier auch an heißen Tagen für ein gutes Mikroklima. Der Wasserlauf und die Retentionsbecken nehmen das Regenwasser und den vormals verrohrten Ablauf des Gondelteichs und des Obercastroper Baches auf und bringen diesen an die Oberfläche. Regenwasser kann natürlich versickern – im Bereich westlich des Kreisels über Mulden und den Regenrückhalte- und Versickerungsteich – und bleibt im natürlichen Wasserkreislauf. Schmutzwasser wird über ein Kanalnetz in einen Sammler der Emschergenossenschaft geleitet und landet von dort aus in einer Kläranlage. Versiegelte Flächen wurden auf ein Minimum beschränkt. Die öffentlichen Grünflächen und die Randbepflanzung der Gewerbegrundstücke sorgen für viel Vegetation auf dem gesamten Areal.
Bilder: Martin Steffen
Park schützt auch die City vor Überflutungen
Bei Starkregen ist so das Gelände ebenso wie die Altstadt von Castrop-Rauxel vor Überflutungen geschützt. Mit diesen Maßnahmen fand das „Prinzip der Schwammstadt“, das heute vielerorts gefordert wird, schon zu Zeiten der Internationalen Bauausstellung Emscher Park Anwendung. Eine, die zu Zeiten der IBA Emscherpark mit an Bord war, ist Birgit Jakoby, heute bei NRW.URBAN im Projektmanagement tätig. Waren ihre Kolleginnen und Kollegen und sie damals besonders weitsichtig? Und setzten Birgit Jakoby und ihr Team sich bereits in 1990er-Jahren so mit den Gefahren des Klimawandels auseinander wie heute? „Die Aspekte einer klimafreundlichen Stadt und der Übergang zur Kreislaufwirtschaft des Wassers waren zentrale Leitbilder der Projekte ‚Arbeiten im Park‘ der Internationalen Bauausstellung Emscherpark. Die Renaturierung von Gewässern und die konsequente Trennung von Schmutz- und Regenwasser, um das Regenwasser schnellstmöglich versickern, langsam abfließen lassen und in naturnahe Gewässer ableiten zu können waren wesentliche Maßnahmen, um Hochwasser oder Überflutung entgegenzuwirken, die Grundwasserneubildung zu fördern und die renaturierten Gewässer zu speisen“, erläutert Birgit Jakoby.
Im Vordergrund stand noch deutlich der umweltfreundliche Umgang mit dem Element Wasser. Das Schmutzwasser sollte möglichst konzentriert in Schmutzwasserkanälen zu dezentralen Kläranlagen statt zur zentralen Klärung an der Emschermündung geleitet werden und sich nicht mehr mit Regenwasser in offenen Abwasserkanälen vermischen. Die kühlenden und das Mikroklima positiv beeinflussenden Effekte, die oberirdische reine Wasserläufe haben, waren
den Planerinnen und Planern bewusst, sie prägten nur noch nicht so stark den öffentlichen Diskurs wie heute. Damals ging es um den Umbau der gesamten Emscherregion, die aus vielen Projektbausteinen bestand. Einer davon war der Erin-Park.
Wasser als Gestaltungselement
Birgit Jakoby ergänzt: „Neben den wasserwirtschaftlichen, ökologischen und stadtklimatischen Effekten ist Wasser ein spannendes stadtgestalterisches und ökologisches Element und erhöht zudem auch die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. Das ist ein Gewinn für alle. Wir haben aber auch damals schon die Umgestaltung des Geländes nicht nur aus ästhetischen Gründen so geplant.“ Vieles von damals gilt heute noch als richtungsweisend, vor allem das Ökologie, Stadtgestaltung und Aufenthaltsqualität vereinende Konzept oder das Ziel, nicht störendes Gewerbe und damit Arbeitsplätze wieder nahe der City anzusiedeln. Was hätten die Planerinnen und Planer wohl aus heutiger Sicht anders oder noch besser machen können? Birgit Jakoby ist überzeugt: „Wenn wir mit dem Wissen und
dem technologischen Fortschritt von heute planen würden, würden energetische Aspekte wie die Nutzung regenerativer Energien, insbesondere von Wind- und Sonnenenergie, eine noch größere Rolle spielen.“
Wie hat sich Stadtplanung und Siedlungsentwicklung in den vergangenen 30 Jahren allgemein verändert? Längst sind Maßnahmen zur Klimaresilienz kein Add-on mehr, sondern zentraler Bestandteil von Neuentwicklungen. Das gesellschaftliche Bewusstsein, dass es notwendig ist, sich den Auswirkungen des Klimawandels zu stellen, ist gewachsen. Im Bestand ist es weitaus herausfordernder, Quartiere anzupassen. Wird jedoch neuer Wohnraum geschaffen, stehen sowohl CO2 Neutralität als auch Schutzmaßnahmen vor Wetterextremereignissen im Fokus.
”Vieles von damals gilt heute noch als richtungsweisend, vor allem das Ökologie, Stadtgestaltung und Aufenthaltsqualität vereinende Konzept.
Birgit JakobyProjektmanagement, NRW.URBAN