Die Forschungsfertigung Batteriezelle in Münster – am Planungscomputer lassen sich Lage und Größe simulieren und veranschaulichen.
Laptops, Kameras, Smartphones, E-Bikes und Elektroautos – ohne Stromspeicher steht die Welt still. Bis zum Jahr 2025 werden sich die Batterieproduktionskapazitäten laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI auf über 500 Gigawattstunden allein in Europa steigern, 2022 waren es noch circa 124 Gigawattstunden pro Jahr, bis 2030 rechnen die Expertinnen und Experten sogar mit einem Anwachsen auf bis zu 1,5 Terawattstunden. Wie können wir diesem Bedarf in Deutschland gerecht werden, wie können Batteriezellen und ihre Fertigung noch effizienter und leistungsfähiger werden, um Fortschritt zu ermöglichen und Ressourcen zu schonen? Die Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB am Standort Münster will auf diese Fragen Antworten finden und deshalb zum Zentrum der Entwicklung einer modernen und skalierbaren Batteriezellproduktion für Deutschland und Europa werden. Die dafür notwendigen Gebäude einschließlich der technischen Infrastruktur und der zugehörigen Außenanlagen baut NRW.URBAN im Treuhandauftrag des Landes Nordrhein-Westfalen.
Pilotfabrik ging 2024 an den Start
Ende April 2024 erreichte das Projektteam einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur nachhaltigen Batteriezellenfertigung in Nordrhein-Westfalen. Die rund 6.800 Quadratmeter große „FFB PreFab“ wurde eingeweiht, eine Pilotfabrik, die im Wesentlichen alles abbildet, was später eine um ein Vielfaches größere Fertigungsfabrik beinhalten wird. Die Nutzfläche der späteren Fertigungsfabrik wird circa 20.000 Quadratmeter umfassen, die Maschinenkapazität für die Elektrodenfertigung soll auf 6,8 Gigawattstunden im Jahr ausgelegt werden. Die gesamte Forschungsanlage entsteht auf zwei Grundstücken zwischen Dortmund-Ems-Kanal und Autobahn A1 im Hansa-BusinessPark.
„Das Konzept für die schnelle Errichtung der PreFab entstand zu Beginn des Planungsprozesses“, berichtet Dirk Ebeling, der den technischen Bereich Planung | Steuerung | Bau bei NRW.URBAN und auch das Projekt FFB leitet. Beim Erstkontakt lautete die Aufgabenstellung noch, eine Forschungsfabrik im Treuhandauftrag des Landes Nordrhein-Westfalen zu errichten. Um jedoch einen schnellen Betriebsstart gewährleisten zu können und auch dem Bau selbst den Charakter eines Reallabors zu geben, entwickelten die Planerinnen und Planer sowie alle politischen und wissenschaftlichen Entscheider das Modell der vorgezogenen PreFab. Die PreFab bildet im Kleinen die spätere große Fertigungsfabrik ab, aus einem Bauvorhaben wurden also zwei. Und das macht in mehrfacher Hinsicht Sinn. Zum einen können die Forschenden nun tatsächlich nach lediglich zwei Jahren Bauzeit den Forschungs- und Fertigungsbetrieb vor Ort aufnehmen, zum anderen kann die große Fabrik jetzt passgenau zu den Anforderungen an den zukünftigen Forschungsbetrieb geplant und errichtet werden. Denn, so Ebeling: „Es ist ein Projekt, das in dieser Form einzigartig ist.“
”Die Fraunhofer FFB in Münster wird weit über Nordrhein-Westfalen hinaus einen zentralen Beitrag dazu leisten, dass wir auch in Zukunft ein starkerIndustriestandort mit sicheren, guten Arbeitsplätzen bleiben und unsere ehrgeizigen Klimaschutzziele erreichen können. Die Eröffnung der FFB PreFab – nur zwei Jahre nach dem ersten Spatenstich – ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg.
Hendrik WüstMinisterpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen
Dirk Ebeling (l.), Bereichsleitung Planung I Steuerung I Bau bei NRW.URBAN, Rolf Becker und Alina Madeia, Bereich Planung I Steuerung I Bau
Vom Labor zur seriennahen Produktion
Rolf Becker, bei NRW.URBAN ebenfalls im Bereich Planung | Steuerung | Bau tätig, hat den ersten Bauabschnitt als Bauleiter vor Ort in Münster begleitet: „Im Prinzip sind es drei Stufen, die die Forschungsfertigung durchläuft. Im Batterieforschungszentrum MEET der Universität Münster erfolgt die Grundlagenforschung, die PreFab ist eine kleinere Erprobungsfabrik und in der späteren FFB, die nun im zweiten Bauabschnitt gebaut wird, wird eine seriennahe Produktion laufen.“ Bei der Errichtung der PreFab lag das Augenmerk vor allem auf dem Errichtungstempo. Dirk Ebeling: „Beim Bau der FFB werden die funktionalen Erfahrungen aus dem ersten Bauabschnitt sehr hilfreich sein. Die FFB wird zudem als prominentes Bauwerk an der A1 vor Münster besondere architektonische und gestalterische Ansprüche erfüllen.“ Das Land Nordrhein-Westfalen finanziert als Bauherrin das Projekte mit bis zu 320 Millionen Euro Landesmitteln; darüber hinaus steuert der Bund rund 500 Millionen Euro für den Aufbau des Forschungsinstituts bei – viel Geld der öffentlichen Hand, das sorgsam eingesetzt werden muss.
Dementsprechend muss auch die Kommunikation nach außen transparent und mit allen Partnerinnen und Partnern in Kooperation laufen: Aurélia Ölbey, Referentin Unternehmenskommunikation bei NRW.URBAN, koordiniert die externe Kommunikation rund um die Baustelle und veröffentlicht mit ihrem Team zum Beispiel Blogbeiträge in Form eines Baustellentagebuchs.
Die studierte Architektin Alina Madeia ist seit vier Jahren integraler Bestandteil des Projektteams von NRW.URBAN für die Bauherrenvertretung. Sie berichtet dazu monatlich im gemeinsamen Steuerungsgremium mit dem Land Nordrhein-Westfalen, dem Lenkungsausschuss, über den Baufortschritt, hat Termine, Kosten und Qualitäten im Blick. Mit zu ihren Aufgaben gehört es auch, Beschlussvorlagen für alle Mitglieder des Lenkungsausschusses zu erstellen – für Vertreterinnen und Vertreter aus dem Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium, dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB), der Staatskanzlei NRW und dem Bauministerium. Alina Madeia: „Zu meinem Aufgabenportfolio zählt unter anderem die strukturierte Aufbereitung der planungs- und baubezogenen Themen. So können sich alle Vertreterinnen und Vertreter der Landessphäre einen umfassenden Überblick über die aktuellen Schwerpunkte im Projekt verschaffen und fundierte Entscheidungen treffen.“ Die Unterlagen dienen zudem zur Dokumentation des Gesamtprojektes in der Landessphäre. Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Dokumentation sind drei wichtige Aspekte solch komplexer Treuhandaufgaben.
Bilder: Martin Steffen
Alina Madeia, Bereich Planung I Steuerung I Bau, und Jonathan Koller, Zentrale Vergabe
Aurélia Ölbey, Unternehmenskommunikation
Erfahrungen eines multidisziplinären Teams
Dabei kommt dem Team von NRW.URBAN die langjährige Erfahrung aus zahlreichen Treuhandprojekten zugute, die ebenfalls komplexe Projektmanagementaufgaben erfordert haben. Auch wenn das NRW.URBAN-Team mit Kompetenzen aus Architektur und Projektmanagement ausgestattet ist, war bei diesem Projekt jedoch schnell klar, dass zusätzliche Partner an Bord geholt werden mussten. Dirk Ebeling: „Wir haben frühzeitig mit der Carpus + Partner AG aus Aachen einen erfahrenen Generalplaner in das Projekt eingebunden, der die komplette Objekt- und Fachplanung verantwortet. Darüber hinaus haben wir sehr früh entschieden, dass wir aufgrund der Fülle der Aufgaben eine externe Projektsteuerung hinzuziehen. Das machen wir in vielen anderen Projekten nicht, aber es gehört auch zum verantwortungsvollen treuhänderischen Handeln zu erkennen, wo das eigene Team Grenzen hat.“ Aufgrund dieser Entscheidungen ist das Projekt so organisiert, dass es mit den Mitteln und den Ressourcen, die NRW.URBAN zur Verfügung stehen, optimal läuft.
Wenn Aufträge in dieser Größenordnung vergeben werden, ist eine weitere Stelle bei NRW.URBAN gefordert: die Zentrale Vergabe. Jonathan Koller kümmert sich hier um alle Ausschreibungen für Bauleistungen, seine Kollegin Claudia Gerlach verantwortet die Ausschreibungen für Planungsleistungen. Jonathan Koller: „Die Zentrale Vergabe ist eine Stabsstelle bei NRW.URBAN. Das gewährleistet Qualitätsstandards, die kleinere Planungsbüros nicht bieten können.“ Aktuell stehen die Bauvergaben für den zweiten Bauabschnitt an. Da geht es um Volumina einzelner Vergabepakete von bis zu 50 Millionen Euro. Gerade bei diesen Größenordnungen ist es umso wichtiger, dass alle Verfahren rechtssicher und vergaberechtskonform durchgeführt werden.“
Alle Kosten im Griff
Mandy Kemper kümmert sich um die Kostenkontrolle beim Projekt FFB. Stimmen die Plan-Zahlen mit den Ist-Zahlen überein? In enger Kooperation mit den Expertinnen und Experten aus dem Projektteam pflegt und beurteilt sie alle Kostenfaktoren. Die Datenbank, in der alle Aufträge und Rechnungen gegenübergestellt werden, ist sehr komplex und muss in regelmäßigen Abständen fortgeschrieben und kontrolliert werden. Aber Mandy Kemper behält den Gesamtüberblick. „Das Kostencontrolling ist ein wichtiger Prozess für den Projekterfolg“, erläutert sie. Frank Osthoff vom Bereich Planung, Controlling, Rechnungswesen sorgt schließlich dafür, dass die Auftragnehmer pünktlich ihre Zahlungenanforderungen erhalten. Er verantwortet den Zahlungsverkehr und prüft, ob alle steuerlichen Voraussetzungen und Regelungen erfüllt und eingehalten werden – bei Treuhandprojekten dieser Dimension eine höchst komplexe Angelegenheit.
Ausblick
Der erste Bauabschnitt ist für NRW.URBAN seit April 2024 erfolgreich abgeschlossen. Wie geht es nun weiter? Aktuell erwartet NRW.URBAN die notwendige Baugenehmigung, die in einem Verfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz beantragt wurde, um mit dem Bau der großen Fabrik starten zu können. Entsprechende Anträge sind bereits gestellt. Parallel dazu läuft die Ausführungsplanung, der Generalplaner führt alle Details aus der Entwurfsplanung aktuell aus und erstellt die Leistunsbeschreibungen der Bauleistungen. NRW.URBAN bereitet die ersten Vergabeprozesse vor und ist zuversichtlich, Anfang 2025 mit dem Bau beginnen zu können. Das Zukunftsprojekt FFB soll dann nach weiteren drei Jahren Bauzeit Ende 2027 an den Start gehen.
INFO: Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB)
Die Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB) ist eine Einrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft am Standort Münster. Ihr Konzept sieht eine Kombination aus Labor- und Produktionsforschung für unterschiedliche Batteriezellformate vor. Die Mitarbeitenden der Fraunhofer
FFB erforschen je nach Bedarf einzelne Prozessschritte oder die gesamte Produktionskette. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus dem Batterieforschungszentrum MEET der Universität Münster, vom Lehrstuhl PEM der RWTH Aachen, aus dem Forschungszentrum Jülich sowie weiterer bundesweiter Partner schafft die Fraunhofer-Gesellschaft in Münster eine Infrastruktur, mit der kleine, mittlere und Großunternehmen, aber auch Forschungseinrichtungen die seriennahe Produktion neuer Batterien erproben, umsetzen und optimieren können. Als Bauherr verantwortet NRW.URBAN im Treuhandauftrag des Landes Nordrhein-Westfalen die Errichtung der Forschungsfertigung Batteriezelle.
- FFB PreFAB = 17.000 m2 (Nutzfläche: 6.800 m²)
- FFB = 39.000 m² (Nutzfläche: 20.000 m²)
- Investitionen durch das Land Nordrhein-Westfalen für Grundstück und Gebäude = ca. 320 Mio. €
- Investitionen des Bundes für das Forschungsvorhaben = 500 Mio. €
- 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
Ihre Kontaktperson
Alina Madeia
Planung | Steuerung | Bau
Revierstraße 3,
44379 Dortmund
Tel.: 0231 4341.261