Das Lippe-Städtchen Haltern ist ein beliebtes Ausflugsziel zwischen Ruhrgebiet und Münsterland: Heidelandschaften, der Haltener Stausee, auch Silbersee genannt, die historische Innenstadt mit kleinen Fachgeschäften und einem Wochenmarkt mit vielen lokalen Produkten, in Haltern lässt sich die Freizeit genießen. Auch als Wohnort ist Haltern attraktiv. Niklas Linzner vom Bereich Planen und Wirtschaftsförderung der Stadt Haltern: „Haltern verzeichnet eine hohe Wohnungsnachfrage, wir bekommen immer mehr Zuwachs aus den umliegenden Großstädten, und es ist längst nicht mehr nur der Wunsch nach dem Eigenheim, der die Nachfrage bestimmt.“ Modernes ressourcenschonendes Mehrfamilienwohnen, Mehrgenerationenwohnen, barrierefrei oder barrierearm, das sind Wohnformen, die in Haltern fehlen.
„Unsere Bahnhofsentwicklung ist deshalb von großer Bedeutung für unsere Kommune, sie macht das Ankommen für Besucherinnen und Besucher noch attraktiver, sie ermöglicht uns aber auch, ein Quartier mit bester Anknüpfung an die öffentlichen Verkehrsmittel in unmittelbarer Nähe zur Haltener Innenstadt zu schaffen“, sagt Niklas Linzner.
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Eine, die aus mehreren Gründen ein besonderes Interesse an den Planungen in Haltern hat, ist Sophie Krüger. Sie ist studentische Mitarbeiterin bei NRW.URBAN und lebt in Haltern. So betrachtet sie ihre Heimatstadt aus mehreren Rollen: als angehende Raumplanerin und als Einwohnerin. Gemeinsam mit Niclas Grotefels, ebenfalls studentischer Mitarbeiter bei NRW.URBAN, traf sich Sophie Krüger zu einem Informationsgespräch mit Niklas Linzner, dem „Planer vor Ort“. Bei einem anschließenden Stadtrundgang zeigte Sophie Krüger ihrem Kommilitonen ihre Heimatstadt und glich mit ihm ihre Eindrücke zu den Entwicklungspotenzialen ab. Es ist fester Bestandteil der Talentförderung bei NRW.URBAN, Studierende in die Projektteams der Landesgesellschaft zu integrieren und enge Kooperationen mit den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen zu pflegen.
Sophie Krüger und Niclas Grotefels von NRW.Urban mit Niklas Linzer (Mitte), Stadtplaner bei der Stadt Haltern.


2.
Ankommen in Haltern bei strahlendem Sonnenschein, das ist schön. Es könnte aber noch schöner sein. Niklas Linzner von der Stadt Haltern erläutert: „Das Gebäude wurde Ende des 19. Jahrhunderts errichtet und hat im Laufe der Jahre mehrere Umbaumaßnahmen erlebt.“ Seine Erfahrung: Von außen mögen die Halterner ihren Bahnhof, um zu den Gleisen zu gelangen, gehen die meisten jedoch nicht durch den Bahnhof, sondern außen herum. Die Substanz des Gebäudes ist denkmalwert, aber nicht denkmalgeschützt. Das eröffnet der Kommune die Möglichkeit, im historischen Ambiente moderne Umbauten für zeitgemäße Nutzungen zu planen.
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Der Halterner Bahnhof verzeichnet aktuell 85 Prozent Leerstand. Das Gebäude selbst birgt jedoch hohes Aufwertungspotenzial, wie diese Zukunftsvision zeigt. Links vom Haupteingang soll eine Kita einziehen, eine aus der Region stammende Naturbäckerei hat bereits ihr Interesse bekundet, ins Bahnhofsgebäude zu ziehen: Das innovative Konzept sieht eine Selbstbedienungs- Fast-Lane, eine Working Area mit W-Lan-, USB- und Stromanschlüssen sowie einen gemütlichen Gastraum mit offener Backstube vor. Zudem soll es einen Raum für geschlossene Gesellschaften geben – die Gäste können dann quasi aus der Bahn in die Geburtstagsfeier oder Tagung „einsteigen“. In der ersten Etage und im Dachgeschoss wird das von 1905 stammende Gebäude zum „Bahnhof der Vereine“. Neben einigen Büros und Sozialräumen für Mitarbeitende der Deutschen Bahn AG ist der Großteil der Flächen für die Haltener Vereine und multifunktionale Anlässe reserviert: Seminare, Vereinstreffen, Lesungen, Konzerte oder Gymnastikgruppen zum Beispiel. Erschlossen werden die Räume durch ein separates Treppenhaus, aber auch durch einen Aufzug, der seitlich an das Bahnhofsgebäude angebaut wird.


Bilder: Franklin Berger
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Für Sophie Krüger ist das Fahrrad wie für viele Menschen in Haltern das wichtigste Verkehrsmittel. Zwar gibt es bereits einen großen Fahrradparkplatz, sie freut sich jedoch schon auf das geplante Fahrradparkhaus, das sowohl besonders gesicherte kostenpflichtige Abstellplätze als auch kostenlose Abstellmöglichkeiten für circa 1.000 Fahrräder vorsieht. Das Fahrradparkhaus soll modular aufgebaut werden und sich zunächst über zwei Etagen erstrecken, es kann bei Bedarf noch erweitert werden. Ein Förderantrag für dieses Teilprojekt ist aktuell in Vorbereitung.
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Auch die seit 2003 in Haltern ansässige Radstation der Caritas wird in dem Fahrradparkhaus ein Zuhause finden. Hier bietet die „Jugendwerkstatt Haltern am See gGmbH“ einen umfassenden Service rund ums Rad an – inklusive Fahrradverleih, Fahrradreparatur, Verkauf von gebrauchten Rädern und Ersatzteilen.



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Besonders für Ausflugsgäste schon heute attraktiv: eine E-Bike-Ladestation, die in Zukunft ebenfalls an das Fahrradparkaus mit Radstation angedockt wird.
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Das Projekt „Schöner Ankommen in NRW“ habe mit den Überplanungen des Bahnhofsgebäudes den Blick der kommunalen Planerinnen und Planer auch auf das weitere Bahnhofsumfeld geschärft, so Niklas Linzner. Ermutigt durch die fruchtbare Kooperation mit BEG und NRW.URBAN sei die ganzheitliche Betrachtung der vielfältigen Wechselwirkungen zu weiteren Projekten der Stadtentwicklung in den Fokus gerückt. Zu der eigentlichen Bahnhofsentwicklung kamen immer mehr Bausteine hinzu, die auch in einem Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts (ISEK) festgehalten wurden. Angrenzende Gewerbebrachen werden nun in neue Nutzungen überführt. Die Stadt Haltern hatte vor einigen Jahren mithilfe der BEG bereits viele der brachliegenden Flächen erworben.
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In einem ersten Schritt hatten Stadt und die Stadtwerke Haltern (SEG) selbst ein Wettbewerbsverfahren für eine Teilfläche durchgeführt, auf der ein dreigeschossiges Medical Center durch eine städtische Tochter errichtet werden soll. Im Rahmen von „Schöner Ankommen in NRW“ unterstützen BEG und NRW.URBAN die Stadt Haltern nun bei der Entwicklung der Verkehrsschnittstelle und der weiteren Brachen, zum Beispiel bei der Entwicklung der ehemaligen P&R-Flächen an der Annabergstraße. Hier soll ein Wohnquartier mit hoher städtebaulicher Qualität enstehen.


9.
Der Weg vom Haltener Bahnhof zur Innenstadt führt am Joseph-König-Gymnasium vorbei, hier ist auch Sophie Krüger zur Schule gegangen. Da Haltern eine Stadt mit vielen umliegenden Ortsteilen, ehemaligen Dörfern, ist, ist neben dem Fahrrad der Schulbus das Hauptverkehrsmittel für die Schülerinnen und Schüler. Auch sie werden vom Ausbau des Bahnhofs profitieren, denn integriert ins Gesamtkonzept ist auch ein neuer Busbahnhof.

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Weiter geht es Richtung Innenstadt über die Holtwicker Straße: Diese Verbindung soll zur Stadtpromenade ausgebaut werden, so sieht es das ISEK vor.


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Zwischenstation am Rathaus von Haltern, nur wenige Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Hier wird die Zukunft der Lippe-Stadt geplant: Förderanträge, Bebauungspläne, Ausschreibungen für die Bauleistungen werden in den Fachabteilungen bearbeitet. Auch Konzepte für eine frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit entwickeln die Mitarbeitenden des Bereich Planen und Wirtschaftsförderung hier. In unmittelbarer Nähe zum Rathaus befinden sich weitere Institutionen: die Musikschule, die Polizeiwache oder auch eine Außenstelle des Kreisgesundheitsamtes.
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Zwischen Rathaus und Altstadt erstreckt sich der Kardinal-von-Galen-Park – eine grüne Oase in der Haltener Innenstadt. Das ISEK betrachtet auch die Grünanlagen in Haltern neu, eine erste Bürgerbeteiligung führte die Stadt Haltern zur Neugestaltung einer weiteren Grünfläche in Bahnhofsnähe – dem Kolken-Park – durch.
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Die Sixtuskirche ist Halterns Hauptkirche und immer wieder Anziehungspunkt für Tagestouristen: 1877 im neugotischen Stil errichtet, beherbergt sie bedeutende historische Werke mittelalterlicher Kunst, zum Beispiel einen eindrucksvollen Antwerpener Schnitzaltar.


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Vom Marktplatz geht es weiter durch die Altstadt, viele Cafés und Eisdielen, zahlreiche inhabergeführte Fachgeschäfte machen Lust auf einen Stadtbummel.
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Kurzer Stopp beim Naturbäcker, bei einer Filiale des Unternehmens, das sich auch im neuen Halterner Bahnhof ansiedeln möchte. Der Bäckereibetrieb baut in Zusammenarbeit mit regionalen Landwirten sein eigenes Getreide an und backt mit Sonnenergie. Das passt sehr gut ins Konzept der Stadt Haltern, die Innenstadt ressourcenschonend und klimagerecht neu zu gestalten.
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Zurück im Bahnhof, warten auf den Zug in der Empfangshalle mit provisorisch gestaltetem Warteraum. „Wenn hier das Tonnengewölbe freigelegt und die Bahnhofshalle offen und hell gestaltet wird, bekommt Haltern als Entrée in die Stadt ein richtiges Schmuckstück“, ist Niclas Grotefels überzeugt. Sophie Krüger, die fast täglich mit der Bahn zum Studien- und zu ihrem Arbeitsort Dortmund pendelt, bestätigt: „Auch wenn Haltern eine eher beschauliche Stadt ist, fühle ich mich abends hier am Bahnhof nicht richtig sicher, das liegt an der schlechten Beleuchtung und an der oft sehr verschmutzen Bahnhofsunterführung.“ Sie sieht mit Spannung den Veränderungen in ihrer Heimatstadt entgegen. Das Bahnhofsgebäude als einen Begegnungsort, als Ort der Vereine zu konzipieren, hält sie für eine unkonventionelle und zukunftsweisende Idee.
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Niclas Grotefels bedankt sich bei Sophie Krüger für die interessante Stadtführung. beim nächsten Termin mit dem NRW.URBAN-Planungsteam werden die beiden ihre Eindrücke noch einmal reflektieren.
Wissenswertes
„Schöner Ankommen in NRW“ ist ein Programm im Rahmen der Initiative Bau.Land.Bahn. Es handelt sich dabei um ein Unterstützungsangebot für Kommunen des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen und begleitet Sonderprogramme des Landes. Zudem verschafft das Unterstützungsangebot Städten und Gemeinden Klarheit darüber, welche Entwicklungspotenziale auf den Bahnliegenschaften aktuell bestehen, welche rechtlichen und technischen Erfordernisse zu klären sind, ob Fördermittel-Kombinationen Stadtentwicklung-Verkehr möglich sind und ob gutachterliche Untersuchungen eingeleitet werden können.
Ihre Kontaktperson

Carsten Kirchhoff
Konzepte | Entwicklung
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