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BeitragFotostoryJournal 2/2025Projektmanagement

Lippstadt plant, baut und revitalisiert: Entwicklung des Union-Geländes löst auch Verkehrsprobleme

By 24. Oktober 2025Oktober 28th, 2025No Comments8 Minuten Lesezeit
Das Union-Gelände in Lippstadt: Das Strukturwandelprojekt entfaltet stadtweit neues Entwicklungspotenzial.
Das Union-Gelände in Lippstadt: Das Strukturwandelprojekt entfaltet stadtweit neues Entwicklungspotenzial.

Dem Lückenschluss der Südtangente in Lippstadt steht nichts mehr im Wege. Damit löst die größte Stadt im Kreis Soest ein über Jahrzehnte währendes Verkehrsproblem: Der Durchgangsverkehr wird in Zukunft nicht mehr durch die attraktive Altstadt fließen, stattdessen sind neue Radund Fußwegeverbindungen in Planung. Zwei Fahrspuren, gesäumt von 85 Bäumen, beidseitigen Geh- und Radwegen sowie einem Grünstreifen: So ist das 6,1 Millionen Euro teure Projekt geplant.

Möglich macht dies eine Reihe von Entwicklungsmaßnahmen in Lippstadt, die zahlreiche kommunale Funktionen und Angebote neu ordnet. Lippstadt plant, baut und revitalisiert – in insgesamt vier Bereichen der östlichen und südlichen Kernstadt. Im Bereich Ostwall entsteht ein neues Quartier zum Arbeiten und Wohnen. Am Rande der Altstadt entfaltet das Viertel durch den Umzug der Stadtverwaltung in die südliche Altstadt und durch die Neuansiedlung der Hauptfeuerwehrwache auf dem Union-Gelände – einem Strukturwandelprojekt im Osten – neues Entwicklungspotenzial. Bereits Gestalt angenommen hat das Quartier „Südliche Altstadt“. Der brachliegende Güterbahnhof in Lippstadt wandelt sich zum Begegnungsort für Bürgerinnen und Bürger und zu einem modernen Büroviertel. Im Rahmen der REGIONALE 2025 wertet die Stadt Lippstadt das Quartier auf und verbindet dieses mit dem Rest der Innenstadt.

Der Autozulieferer Hella, einer der wichtigsten Arbeitgeber in Lippstadt, gestaltet seinen Standort ebenfalls komplett neu. Die frühere Hella-Galvanik wurde bereits abgebrochen, entstehen soll der Innovationscampus „Hella CELLS“. Eingebettet zwischen Lippe und der Hochschule Hamm-Lippstadt, dem Bahnhof und der Innenstadt. Neue Wegeverbindungen entstehen, unter anderem ein Radweg entlang der Güterbahntrasse und eine Verbindung von der Innenstadt über das Hella-Gelände zur Hochschule Hamm-Lippstadt.

Durchdachte Strategien

„Lippstadt kann zur Siedlungsflächenerweiterung nur begrenzt Potenziale nutzen. Die Lippe und die Lippeaue bilden ein Naturschutzgebiet, unsere Altstadt ist geprägt von historischen Gebäuden, verwinkelten Gassen und idyllischen Plätzen – alles, was Lippstadt so attraktiv macht, erfordert durchdachte Strategien, wenn es um neuen Wohnraum, neue Gewerbeansiedlungen und Kultureinrichtungen geht“, erläutert Heinrich Horstmann, Fachbereichsleiter Stadtentwicklung und Bauen der Stadt Lippstadt. Innen- vor Außenentwicklung habe äußerste Priorität.

Die Entwicklung des 11,9 Hektar großen Union-Geländes, eines ursprünglich als Industriestandort für die Drahtverarbeitung genutzten Areals, kann nun, nach langjähriger intensiver Vorbereitung, starten. Der Bebauungsplan wurde Anfang 2025 rechtskräftig. Der Prozess zur Umnutzung, den NRW.URBAN im Rahmen von Bau.Land.Partner begleitet hat, beinhaltete eine Standortinventur, die Interessenklärung zwischen Eigentümern, Stadt und weiteren Akteuren sowie die Konkretisierung einer Entwicklungsstrategie, die alle Beteiligten mittragen wollen und können.

Karte Neuentwicklung Union-Gelände Lippstadt

Der externe Blick und die Moderation von Bau.Land.Partner waren wichtig, um diese verfahrene Situation aufzubrechen.

Björn BühlmeierStadtplanung und Umweltschutz, Stadt Lippstadt
Unterführung an den Bahngleisen in Lippstadt
Im Rahmen der REGIONALE 2025 wertet die Stadt Lippstadt einen Teil des Quartiers am ehemaligen Güterbahnhof auf und verbindet diesen mit dem Rest der Innenstadt.
Alte Industriegebäude auf dem Union-Gelände in Lippstadt

Komplexe Verhandlungen

Ein zentraler Erfolgsfaktor für das Projekt war die Vermittlung zwischen der Stadt Lippstadt und den Grundstückseigentümern, die das Gelände vor vielen Jahren vom Thyssenkrupp Konzern erworben hatten. „Über Jahrzehnte hatte die Stadt Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern geführt, insgesamt drei Bürgermeister beschäftigten sich mit dem Projekt. Man drehte sich im Kreis und es ging immer um dieselben Knackpunkte. Der externe Blick und die Moderation von Bau.Land.Partner waren wichtig, um diese verfahrene Situation aufzubrechen“, sagt Björn Bühlmeier, Fachdienstleiter Stadtplanung und Umweltschutz der Stadt Lippstadt.

Im Rahmen der Moderation und Koordination der Planungsprozesse beauftragte NRW.URBAN Gutachten, für die detaillierte Altlasten- und Bodenuntersuchungen durchgeführt wurden, um die wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen für eine Nachnutzung zu bestimmen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen flossen in die Entscheidungsgrundlagen für die Umnutzung ein und dienten als Basis für Förderanträge und Planungsverfahren.

Der neue Bebauungsplan sieht demnach Gewerbeflächen vor, eine große Anzahl industriekulturell interessanter Hallen soll erhalten bleiben. Parallel dazu beginnt die Erschließung der Südtangente, die zur besseren verkehrlichen Anbindung des Areals und der gesamten Innenstadt beitragen sollte. Dies verdeutlicht, wie wichtig der Kauf des Union-Geländes war, um die gesamte Stadtstruktur neu denken zu können.

Seit 2024 sind die Stadt, die städtische Wohnungsbaugesellschaft und die Wirtschaftsförderung der Stadt Eigentümer der Flächen. Im Westen ist bereits ein Hotel der B&B-Gruppe in Bau. Im charakteristischen Hallenbestand soll ein urbanes und identitätsstiftendes Quartier mit Veranstaltungsräumen und Gastronomie entstehen. Stadtplanerin Anne Neugebauer vom Team Stadtplanung und Umweltschutz der Stadt Lippstadt erläutert: „Wir befinden uns aktuell im Konkretisierungsprozess. Das Einbeziehen der Öffentlichkeit sowie der lokalen Akteure steht an, wir wollen die Ideen der Bürgerinnen und Bürger einbinden: Wie können die Hallen genutzt werden? Wer kann sie bespielen? Wie kann es gelingen, die Geschichte, die der Standort repräsentiert, mit attraktiven Nutzungen zu verknüpfen?“

Die staatliche Hochschule Hamm-Lippstadt soll über neue Wegeverbindungen mit dem Innovationscampus „Hella CELLS“ verbunden werden.
Die staatliche Hochschule Hamm-Lippstadt soll über neue Wegeverbindungen mit dem Innovationscampus „Hella CELLS“ verbunden werden. Bild: RKW Architektur +

Langer Atem zahlt sich aus

Beate Preihs, Projektleiterin bei NRW.URBAN, ist überzeugt: „Dass die Stadt im Prozess einen solch langen Atem hatte, wird sich in der Zukunft auszahlen.“ Das Lippstädter Team habe extrem flexibel auf jede neue Entwicklung reagiert, die intensive Auseinandersetzung mit den Interessen der Eigentümer habe schließlich zu einer guten Lösung geführt. NRW.URBAN führte Gespräche, sammelte Kenntnisse über die Fläche, glich Wünsche und Erwartungshaltungen ab. Im zweiten Schritt folgten intensive Verhandlungen mit den Eigentümern. Beate Preihs: „Obwohl wir früh eine Kooperationsvereinbarung abschließen konnten, folgte noch ein iterativer Prozess über Jahre hinweg. Zwar war von Anfang an klar, dass alle Beteiligten eine Entwicklung wollten, nur ging es nicht immer in dieselbe Richtung.“

Denn die Eigentümer und auch Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik versprachen sich von Investitionen in eine Wohnbebauung die beste Rendite. Björn Bühlmeier: „Den Boden für die Errichtung von Wohngebäuden aufzubereiten, wäre jedoch sehr aufwendig und teuer geworden und hätte sich auch mit Mieteinnahmen oder Immobilienverkäufen auf hohem Niveau über Jahre nicht rentiert.“

Heinrich Horstmann: „Der lange Prozess mit NRW.URBAN hat den Eigentümern bewusst gemacht, was für eine Fläche sie besitzen – eine Fläche, die nur schwer zu entwickeln ist, die nicht von heute auf morgen veräußert werden kann und die dennoch für die Stadtentwicklung wertvoll ist.“ Das hat sie überzeugt, den größten Teil der Fläche an die Stadt zu einem fairen Preis zu verkaufen, lediglich eine kleinere Teilfläche vermarktet der Grundstückseigentümer nun selbst.

Wolfgang Baumann vom Fachbereich Planung | Steuerung | Bau bei NRW.URBAN verantwortet Bestandsaufnahmen, die Steuerung von Gutachten und Wirtschaftlichkeitsberechnungen in vielen Bau.Land.Partner-Projekten des Landes. „Dass die scheinbar lukrativsten Nutzungen wie Einzelhandel oder Wohnen nicht immer die kostengünstigsten Lösungen sind, wenn es um die Herrichtung von Flächen geht, begegnet uns häufig“, berichtet er. Bei Wohnbebauung sei der Kostenfaktor je nach Altlastensituation sechs- bis achtfach höher als bei anderen Nutzungsszenarien.

„Nachdem der Prozess in der Vorbereitung lange gedauert hat, ist die Stadt Lippstadt jetzt mit Siebenmeilenstiefeln unterwegs“, sagt Beate Preihs. Heinrich Horstmann ergänzt: „Es war gut, dass wir uns die Zeit genommen haben, aber es war nicht einfach zu vermitteln, dass der Prozess so langwierig war.“ Lange Zeit lautete der größte öffentliche Vorwurf, dass die Stadt es hätte verhindern müssen, dass nach Thyssen Krupp das Gelände an einen Privateigentümer ging – entgegen anderen Verlautbarungen hatte die Stadt jedoch kein Vorkaufsrecht und somit keinen Zugriff.

Alte Industriegebäude auf dem Union-Gelände in Lippstadt
Fotos: Christian Nielinger
Alte Industriegebäude auf dem Union-Gelände in Lippstadt
Alte Industriegebäude auf dem Union-Gelände in Lippstadt
Reflektion eines Industrieschornsteins im Fenster eines alten Industriegebäudes auf dem Union-Gelände in Lippstadt
Visualisierung der zukünftigen "Höllentreppe", Bild: MUST Stadtebau

Ein Vorzeigeprojekt für Flächenrevitalisierung

Mit der Reaktivierung des Union-Geländes zeigt die Initiative Bau.Land.Partner, wie brachliegende Industriestandorte nachhaltig transformiert werden können. Durch die enge Verzahnung von kommunalen, wirtschaftlichen und landesseitigen Akteuren gelingt es, urbanen Raum ressourcenschonend neu zu nutzen und zugleich einen Beitrag zur innenstadtgerechten Stadtentwicklung zu leisten. Das Projekt ist ein Best-Practice-Beispiel für die erfolgreiche Anwendung von Bau.Land.Partner und setzt Maßstäbe für weitere Konversionsflächen in Nordrhein-Westfalen.

Alte Industriegebäude auf dem Union-Gelände in Lippstadt
Im Inneren eines Industriegebäudes auf dem Union-Gelände in Lippstadt
Im Inneren eines Industriegebäudes auf dem Union-Gelände in Lippstadt
Im Inneren eines Industriegebäudes auf dem Union-Gelände in Lippstadt
Alte Industriegebäude auf dem Union-Gelände in Lippstadt
Aussichtsterrasse „NEULAND HAMBACH, Bild: Treibhaus Landschaftsarchitektur/Lindenkreuz Eggert
NRW.URBAN Journal 2/2025 Stapel

Dieser Artikel ist Teil des NRW.URBAN Journals 2/25

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