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Ostpark Bochum: Nie mehr auf dem Trockenen – Das Schwammstadtprinzip

By 29. April 2024Mai 3rd, 2024No Comments5 Minuten Lesezeit
Das Schwammstadtprinzip im Bochumer Ostpark
Mit dem Projekt „OSTPARK – Neues Wohnen“ stellt sich die Stadt Bochum zukunftsgerecht auf.

Die Quartiersentwicklung „Ostpark – neues Wohnen“ in Bochum schreitet voran. Im Rahmen der derzeit größten Wohnbauflächenentwicklung in der Ruhrgebietsstadt entsteht nicht nur neuer Wohnraum mit insgesamt rund 1.300 Wohneinheiten, sondern auch ein klimaangepasstes Quartier. Innovative Konzepte für die Verkehrsinfrastruktur, die Energieversorgung und das Wassermanagement prägen das Quartier.

Weit mehr als Landschaftsgestaltung

Ein zentraler Wasserlauf mit angrenzenden Naherholungsflächen bildet das grün-blaue Rückgrat des Ostparks. Mit dem Wasserlauf wird nicht nur Landschaft gestaltet, also hohe Aufenthaltsqualität geschaffen, er dient zugleich der natürlichen Niederschlagsentwässerung. Planerinnen und Planer haben das gesamte Areal nach dem Schwammstadtprinzip gestaltet: Wie ein Schwamm saugen viele unversiegelte Flächen und verknüpfte Kanäle Regenwasser auf – sammeln, speichern und nutzen den Niederschlag, statt Wasser in die Kanalisation abfließen zu lassen. Das schützt die Umwelt und verbessert das Mikroklima. Derzeit wird auf der Havkenscheider Höhe ein See mit angrenzenden Naherholungsflächen angelegt. Besonders tief ist der See mit maximal 40 Zentimetern nicht. Aber er erfüllt eine wichtige Funktion.

Schwammstadt Grafik

Gegen Starkregen gewappnet

Susanne Düwel, Leiterin des Tiefbauamts der Stadt Bochum: „Kommt es zu einem Starkregenereignis und die Kapazitäten der oberirdischen Wasserläufe im Wohngebiet sind überlastet, wird das überschüssige Wasser in ein Rohr von einem Meter Durchmesser abgeleitet. Dieses Rohr verläuft unter dem Sheffieldring, kommt auf der östlichen Seite wieder an die Erdoberfläche und verteilt das Wasser in mehrere Gräben und den Landschaftssee auf der Havkenscheider Höhe. Von dort führen wiederum weitere Wasserläufe in Richtung A43, wo das Wasser noch einmal in ein unterirdisches Kanalrohr eingeleitet wird, das dann wiederum den Harpener Bach speist.“

Über 2,2 Kilometer schlängeln sich die Wasserläufe durch das Neubaugebiet. Durch Grachten fließt das Wasser zu einem Sammelplatz, wo es eine biologische Reinigung erfährt, bevor es wieder zurück zu Quelltöpfen geleitet und anschließend gedrosselt in Richtung des Landschaftssees geführt wird. So entsteht ein Wasserkreislauf, in dem Wasser durchgehend verdunsten oder versickern kann.

Das Schwammstadtprinzip im Bochumer Ostpark
Fotos: Martin Steffen
Hier entsteht eine Straße mit Baumallee und künstlichem Wasserlauf.
Hier entsteht eine Straße mit Baumallee und künstlichem Wasserlauf.

Wassersensibles Bauen muss Standard werden

Philipp Lemke aus dem Bereich Projektmanagement bei NRW.URBAN erläutert: „Regenwasser wird von Dächern und Wegen gesammelt, in Wasserspeicher weitergeleitet oder in Wasserläufe gelenkt. Dort kann es versickern oder verdunsten, verbessert so das Mikroklima im Quartier und trägt zur Kühlung der Umgebung bei.“ Der Ostpark liegt nicht an einem Fluss und ist kein ausgewiesenes Hochwassergefährdungsgebiet. Dennoch sollte wassersensibles Bauen zum Status quo bei der Planung neuer Wohnbaugebiete werden, ist Philipp Lemke überzeugt. Laut NRW-Umweltministerium nehmen Unwetter-Phänomene zu und sorgen auch in scheinbar sicheren Gebieten immer häufiger für schwere Überschwemmungen. Das Jahrhunderthochwasser im Sommer 2021 traf auch den Süden von Bochum heftig. Bei Wetterlagen dieser Dimension kann der Havkenscheider See in Zukunft als Puffer dienen. Andererseits folgen auch immer wieder lange Hitze- und Dürreperioden.

Die heißen und trockenen Sommer 2018, 2019 und 2022, die Starkregenereignisse in den Jahren 2014, 2016, 2021 und im Sommer 2023 sowie die 2019 in Nordrhein-Westfalen gemessenen Hitzerekorde haben den Klimawandel stärker ins öffentliche Bewusstsein gebracht. Laut Veröffentlichungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) sind bereits heute rund 6,9 Millionen Menschen häufig von überdurchschnittlicher Hitzebelastung in
den dicht besiedelten Gebieten Nordrhein-Westfalens betroffen, in Zukunft (2050) könnten es bis zu elf Millionen Menschen werden, wenn nicht gegengesteuert wird. Mit den Quartieren Feldmark und Havkenscheider Höhe setzt die Stadt Bochum Zeichen für die Zukunft: Verkehrsberuhigte, weitgehend vom Autoverkehr freie Straßen, Quartiersgaragen mit Serviceangeboten, eine gezielte Förderung des Radverkehrs und Quartiersplätze, die das soziale Miteinander fördern, werden durch das innovative Wassermanagement und weitere Maßnahmen zur Klimaanpassung ergänzt.

So funktioniert eine Schwammstadt

Der natürliche Wasserkreislauf bleibt weitgehend erhalten. Niederschlagswasser verbleibt im Quartier, statt es in die Kanalisation einzuleiten. Je mehr befestigter Untergrund in einem Wohngebiet vorhanden ist, desto mehr Wasser fließt ungenutzt ab. Trifft das Wasser aber auf bewachsenen Boden, kann es versickern, verdunsten und neues Grundwasser bilden. Pflanzen erhalten neue Nährstoffe und können gedeihen, ohne künstlich bewässert zu werden. Unterschiedliche bauliche und gärtnerische Elemente begünstigen das Schwammstadtprinzip: Eine strukturreiche Begrünung, möglichst mit heimischen Stauden und Gehölzen, fördert die Artenvielfalt und steigert die Aufenthaltsqualität. Kombiniert mit wasserdurchlässigen Belägen, Versickerungsmulden, Feuchtbiotopen, Zisternen, Rigolen, Notabflusswegen, Starkregenrückhaltebecken und Gebäudebegrünungen macht die Freiraumgestaltung ein Quartier stark für Extremwetterlagen.

Ihre Kontaktperson

Philipp Lemke, NRW.URBAN

Philipp Lemke
Projektmanagement

Revierstraße 3,
44379 Dortmund
Tel.: 0231 4341.226

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