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BeitragJournal 1/24Projektmanagement

PHOENIX West in Dortmund: Motor für Zukunftstechnologien

By 4. Oktober 2024No Comments13 Minuten Lesezeit
Beim Austauschtreffen von NRW.URBAN mit dem TZDO informierten sich die Verantwortlichen über die Forschungen und Produktionen des Unternehmens Innolume, das in der MST.factory ansässig ist.
Beim Austauschtreffen von NRW.URBAN mit dem TZDO informierten sich die Verantwortlichen über die Forschungen und Produktionen des Unternehmens Innolume, das in der MST.factory ansässig ist.

Auf 115 Hektar wächst im Stadtteil Hörde der Technologie- und Dienstleistungsstandort PHOENIX West. Die gewerblichen Entwicklungsflächen liegen eingebettet im PHOENIX Park, in dem seltene Tierarten einen neuen Lebensraum gefunden haben. Ein weit verzweigtes Fuß- und Radwegenetz führt durchs Grüne und über die Eliasbahntrasse bis zum PHOENIX See, auf dem Boote ihre Segel setzen und ein Quartier für Wohnen, Leben und Arbeiten entstanden ist. Gastronomien wie die Bergmannbrauerei und die immersive digitale Ausstellung „Phoenix des lumières“ in der denkmalgeschützten PHOENIX Halle und der PHOENIX Park locken auch Freizeitgäste.

PHOENIX in Dortmund – das sind insgesamt 200 Hektar, die für gelungenen Strukturwandel im Ruhrgebiet stehen.

Das erste Baufeld, das 2005 auf PHOENIX West erschlossen wurde, ging an die MST.factory dortmund, ein europaweit einzigartiges Kompetenzzentrum für die Mikro- und Nanotechnologie. Birgit Jakoby, Projektleiterin bei NRW.URBAN, erinnert sich: „Die MST.factory wurde in einem frühen Projektstadium als Inkubator für die Entwicklung errichtet. Die Konrad-Adenauer-Allee wurde im Rahmen eines ersten Erschließungsvertrages vorab ausgebaut, um die Erschließung zu sichern. Als der erste Bauabschnitt der MST.factory im April 2005 eröffnet wurde, liefen noch die Rückbauarbeiten der alten Gebäude und Anlagen und die Baugrundaufbereitung auf dem Areal war in vollem Gange.“

Heute sind auf 9.400 Quadratmetern Gesamtfläche sieben Unternehmen mit rund 200 hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der MST.factory ansässig. Als Kompetenzzentrum des TechnologieZentrumDortmund (TZDO) offeriert die MST.factory seit 2005 jungen Hightech-Unternehmen und Start-ups ein umfangreiches Angebot an Laboren, Reinräumen und Büros sowie die Bereitstellung von technischen Anlagen und Geräten.

Außenansicht der MST.factory in Dortmund
Bilder: Franklin Berger

Flächen an der Universität wurden knapp

„Es war eine bewusste Entscheidung, First Player auf dem Areal PHOENIX zu sein, und zwar mit einem absoluten Hightech-Zentrum“, sagt Dirk Stürmer, Geschäftsführer des TechnologieZentrumDortmund (TZDO). Bereits vor 40 Jahren startete das TZDO als universitätsnahe Institution auf dem Campus der TU Dortmund – als Impulsgeber für den Technologietransfer. Das Ziel: aus wissenschaftlichem Know-how Start-ups und am Markt erfolgreich agierende Unternehmen zu formen und zu fördern.

Damals erstreckte sich am Rande der Dortmunder Universität noch ein weites grünes Feld, zeitgleich entstand mit dem Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik ein bundesweit bedeutender Standort der angewandten Logistikforschung, gemeinsam mit dem TechnologieZentrumDortmund (TZDO) Nukleus für einen Technologiepark, der auf dem erweiterten Campus der TU Dortmund inzwischen rund 13.500 Beschäftigten einen Arbeitsplatz bietet. Heute sind in Universitätsnähe über 300 Unternehmen ansässig, und der Platz für Neuansiedlungen ist schon lange ausgereizt.

„Das TZDO ist schnell über die Flächen an der TU Dortmund hinausgewachsen. Aktuell hat das TZDO sechs Kompetenzzentren an vier Standorten in Dortmund, zwei davon auf PHOENIX West“, erläutert Dr. Christoph Gehlen, Leiter des Zentrums für Produktionstechnologie Dortmund (ZfP) sowie der MST.factory Dortmund. Die MST.factory bindet Firmen erfolgreich in ein Branchen- und Standortnetzwerk ein, unterstützt bei der Kapitalakquisition und begleitet beim Business Development. Dies wird ergänzt durch umfangreiche Serviceleistungen wie Empfang, Haustechnik, Bewachung und Reinigung. Durch dieses Gesamtkonzept fördert die MST.factory den Technologietransfer und vereinfacht den Weg zu marktreifen Produkten.

Die MST.factory fokussiert auf Mikro- und Nanotechnologie, das Gebäude ist auf die Bedürfnisse dieser Technologien angepasst.

Dr. Christoph GehlenLeiter des Zentrums für Produktionstechnologie Dortmund (ZfP) sowie der MST.factory Dortmund
Dirk Stürmer, Geschäftsführer TZDO und Dr. Christoph Gehlen, Leiter des ZfP sowie der MST.factory Dortmund

Flächen mit Pioniergeist entwickelt

„NRW.URBAN hat das Areal PHOENIX West des ehemaligen Standorts der Stahlindustrie in Kooperation mit der Stadt Dortmund entwickelt, Grundstücke baureif gemacht und verkauft. Inzwischen sind nur noch wenige Grundstücke in der Vermarktung. Die Gewerbegrundstücke auf PHOENIX West haben ein festgeschriebenes Nutzungsziel“, erläutert Birgit Jakoby. Die Flächen mit bester Anbindung an Autobahnen und den Dortmunder Flughafen bieten Raum für innovative Unternehmen aus den Bereichen Dienstleistung, Forschung und Entwicklung insbesondere im Bereich der Mikro-/Nanotechnologie und Produktions- und Informationstechnologie. Wer sich noch an die Industrieanlagen des Hüttenwerks in Dortmund-Hörde erinnert, dem wird bewusst, mit welchem Pioniergeist Stadt und Landesgesellschaft das Projekt angegangen sind. Wo heute moderne Architektur, Grünzüge, Freitreppen, plätschernde Kaskaden und großzügige Plätze das Bild bestimmen, waren einst drei Hochöfen samt Nebenanlagen in Betrieb. Nach der Stilllegung bauten rund 1.000 chinesische Arbeiterinnen und Arbeiter einen Hochofen ab, um diesen in China wieder aufzubauen. Als Hochofen-Denkmal erhalten wurden die zwei fast 100 Meter hohen Hochöfen 5 und 6 mitsamt der ehemaligen Gießhalle und dem Möllerbunker, die imposanten Winderhitzer und der markante Wasserturm.

Birgit Jakoby: „Für die Ansiedlung der MST.factory und der Betriebe aus der Mikro-/Nanotechnologie wurden optimale Voraussetzungen bis hin zu einem erschütterungsarmen Straßenunterbau geschaffen.“ Nach Fertigstellung der Konrad-Adenauer-Allee in 2005 folgten 2007 bis 2009 schließlich die Haupterschließungsarbeiten für das Gesamtareal. Bis 2014 entstand der PHOENIX Park, von 2010 bis 2012 die Wasserachse.

Birgit Jakoby, Projektleiterin NRW.URBAN für PHOENIX West

Infrastrukturlösungen für die nächsten fünf Generationen

Dirk Stürmer, Geschäftsführer des TZDO: „Das TZDO ist nach dem Prinzip der Public Private Partnership organisiert, mit der Stadt als Hauptanteilseigner und Institutionen wie unter anderem der IHK zu Dortmund, der TU Dortmund und der Fachhochschule Dortmund als Gesellschafter.“ Dieses Konstrukt vereint somit Interessen der Stadtentwicklung, der Wirtschaftsförderung sowie des Innovations- und Technologietransfers. „Eine besondere Herausforderung bei der Errichtung neuer Gebäude für uns ist, Infrastrukturlösungen für die nächsten fünf Generationen zu schaffen.“ Insbesondere der Schwerpunkt Mikro-Nano-Technologie basiert auf Entwicklungsprozessen, die über extrem lange Zeiträume verlaufen können. Eine solche Technologie kann nur Früchte tragen, wenn sie kontinuierlich begleitet und unterstützt wird. Stürmer: „Wir sind nicht nur Vermieter, wir sind Infrastruktur- und Netzwerkpartner solcher Unternehmen.“ Christoph Gehlen ergänzt: „Die MST.factory fokussiert auf Mikro- und Nanotechnologie, das Gebäude ist auf die Bedürfnisse dieser Technologien angepasst: Büroflächen, chemische und physikalische Labore, Reinräume – hier können Unternehmen zunächst klein starten, um verschiedene Verfahren zu testen und erste Prototypen zu produzieren. Reinräume zu bauen, ist immens teuer. Mit unserer Unterstützung können sich innovative Unternehmen das direkt zum Start leisten “

Ein ähnliches Konzept fährt das TZDO nur einige Straßen weiter auf PHOENIX West. Im Zentrum für Produktionstechnologie Dortmund (ZfP) stehen Existenzgründern und jungen Firmen mit dem Schwerpunkt Produktionstechnologie auf Mietbasis eine optimale technologische Infrastruktur sowie ein moderner Maschinenpark zur Verfügung. Im ZfP sind nach Fertigstellung eines Erweiterungsbaus aktuell 32 Firmen mit insgesamt über 250 Mitarbeitenden ansässig. Eine hundertprozentige Auslastung strebt das TZDO dabei nicht an. Gehlen: „Die Zeiträume der Entwicklung sind sehr unterschiedlich, manche Start-ups bauen nach erfolgreicher Etablierung am Markt einen eigenen Standort, andere möchten sich zunächst in der MST.factory oder im ZfP etwas ausweiten. Zudem wollen wir auch immer einen kleineren Puffer für attraktive neue Unternehmen offenhalten.“

Ein Beispiel für eine besonders erfolgreiche Entwicklung ist das Unternehmen Albonair, das Technologien für die Abgasnachbehandlung bei Nutzfahrzeugen entwickelt. Stürmer: „Albonair ist mit zwei Mitarbeitenden im ZFP gestartet, inzwischen hat das Unternehmen ein eigenes Gebäude auf PHOENIX West gebaut und beschäftigt rund 200 Mitarbeitende.“

Birgit Jakoby bestätigt: „Es war von Anfang an geplant, Flächen für Ausgründungen aus der MST.factory und dem ZfP zur Verfügung zu stellen. Durch die frühe Ansiedlung der MST.factory und des ZfP stand ein breites Flächenangebot bereit. Auch die auf den anderen Bauflächen angesiedelten Unternehmen haben sich sehr gut entwickelt. Viele von ihnen haben die Möglichkeit genutzt, sich am Standort zu erweitern, oder planen derzeit die Erweiterung. Flächen auf PHOENIX West sind stark nachgefragt. Insgesamt ist die Nachfrage nach Grundstücken derzeit höher als das noch vorhandene Flächenangebot.“

Ein Blick über die Schulter neuer Technologien in der MST.factoryDortmund.
Die Innolume GmbH stellt leistungsstarke Chips und Laserprodukte her, die in unterschiedlichen Zukunftsbranchen zur Anwendung kommen.

Inspiration für den Strukturwandel im Rheinischen Revier

Mit Interesse hat Stephan Beckers, Projektleiter für NRW.URBAN im Rheinischen Revier, den Rundgang durch die MST.factory verfolgt: „Ich nehme mit, dass man für solche Projekte einen langen Atem braucht. Im Rheinischen Revier stehen wir ganz am Anfang. Wir werden Standorte ab den 2030er Jahren entwickeln, bis auf wenige Starterflächen, die schon in den 2020er Jahren fertiggestellt werden können.“ Im Ruhrgebiet neigen sich die sogenannten Brownfields dem Ende zu, im Rheinischen Revier werden bald riesige Flächen frei.

Stephan Beckers, Projektleiter für NRW.URBAN im Rheinischen Revier

Was auf PHOENIX West gelungen ist, kann Inspiration für die Arbeit im Rheinischen Revier sein – zum Beispiel, dass die Ansiedlung von Schlüsseltechnologien Initial für weitere Entwicklungen sein kann und dass ein Mix aus Freizeitnutzung und Technologieansiedlung sich gut verträgt. Das Rheinische Revier eröffnet darüber hinaus durch eine Besonderheit spannende Entwicklungsperspektiven: durch seine außergewöhnlich starke und gut ausgebaute Energieinfrastruktur. Sie macht viele Flächen für die Ansiedlung von besonders energieintensiven Industrien interessant.

Christoph Gehlen unterstreicht: „Die Wirkung von PHOENIX Park und Gastronomien im Umfeld ist für die Unternehmen nicht zu unterschätzen. Weiche Faktoren sind inzwischen harte Faktoren. PHOENIX West ist ein sehr attraktiver Standort – ästhetisch, städtebaulich und wirtschaftlich. Wir empfinden es als Privileg, mit zwei Zentren hier zu sein.“

Zu Gast bei der Innolume GmbH - Ein Gespräch mit Sven Rüger

Wenn Sven Rüger, Geschäftsführer der Innolume GmbH mit Sitz in der MST.factory dortmund auf PHOENIX West in Dortmund, über die Bedeutung von Start-ups für die deutsche Wirtschaft spricht, zieht er mit seiner Begeisterung schnell seine Zuhörerinnen und Zuhörer in den Bann. Noch im Juli 2024 setzte er im Talk mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der im Rahmen seiner Sommertour den Technologiepark PHOENIX besuchte, Akzente. Das NRW.URBAN-Journal sprach mit Sven Rüger über Standortfaktoren, die innovative Unternehmen erfolgreich machen.

Was stellt die Innolume GmbH her und wo werden diese Produkte eingesetzt?

Sven Rüger: Die Innolume GmbH stellt leistungsstarke Chips und Laserprodukte her, die in den Bereichen Datenkommunikation, Medizintechnik und Industrie Verwendung finden. Dabei handelt es sich um halbleiterbasierte Laser, klein und leistungsstark, die ein Spektralfenster von circa 780 bis maximal 1.350 Nanometer abdecken. Solche sogenannten Wafer dienen opto- und mikroelektronischen Anwendungen. Aber ich bin im Unternehmen nicht der Experte für die Entwicklung der Technik, meine Kompetenzen liegen im Finanzmanagement und in der Organisationsentwicklung. Über den Kontakt zur NRW.Bank bin ich 2008 zunächst als Interimsmanager bei der Innolume GmbH eingestiegen und jetzt mit viel Engagement in der Geschäftsführung.

Was hat Sie damals an dem Geschäftsmodell interessiert?

Sven Rüger: Die innovative Kraft und die Internationalität. Die Entwicklungen der Innolume GmbH basieren auf den Erkenntnissen einer Forschungsgruppe, an der neben Dortmunder Physikerinnen und Physikern auch Expertinnen und Experten einer Petersburger Nobelpreis-Gruppe beteiligt waren. Ich wollte dabei sein, wenn aus zunächst abstrakter, hoch innovativer Forschung marktfähige Produkte werden.

Welche Voraussetzungen benötigt ein Unternehmen wie die Innolume GmbH, um optimal forschen, aber auch entwickeln und herstellen zu können?

Sven Rüger: Wissen, Zeit und Geld. Um Technologietransfer erfolgreich zu etablieren, reichen kluge Köpfe allein nicht aus. Die Nähe zur TU Dortmund mit ihren international ausgerichteten Forschungsgruppen ist natürlich unabdingbar, aber finanzielle Förderungen über Forschungsfonds und EU-Mittel sind ebenfalls nötig. Inzwischen liefert die Innolume GmbH marktreife Komponenten an verschiedene Abnehmerunternehmen, das sind in der Regel speziell für diese Unternehmen entwickelte Lösungen. Wir machen einen Umsatz von neun bis zehn Millionen Euro im Jahr, mit kleinen Mengen hochwertiger Produkte. Um jetzt höhere Stückzahlen in gleichbleibender Qualität produzieren zu können, müssen wir weiter investieren. Wir haben dafür auch einen privaten Geldgeber aus dem Silicon Valley gefunden, der an
uns glaubt. Nun benötigen wir aber auch noch die Unterstützung unserer Dortmunder Hausbank beziehungsweise der Stadt, mit denen wir aktuell verhandeln. Nicht zuletzt braucht es Räume mit hervorragender Technikinfrastruktur für Testings und Produktion – und gleichzeitig Raum, auch flächenmäßig am etablierten Standort zu wachsen. Beides haben wir mit der MST.factory und dem Standort PHOENIX West gefunden.

Wie schätzen Sie den Standort PHOENIX West ein? Sie haben einmal gesagt, dass Sie in Kooperation mit anderen Unternehmen in Dortmund eine Art Photonic Valley etablieren wollen. Ist PHOENIX West dafür ein fruchtbarer Boden?

Sven Rüger: Sie mögen es mir verzeihen, dass ich jetzt nicht sage: Ja, Dortmund ist der optimale Standort für uns. Wir hätten uns auch in einer anderen Region angesiedelt, viele unserer Mitarbeitenden sind in der Stadt, in der sie arbeiten, nicht verwurzelt. Wir sind ein internationales Team. Aber das Konzept, das die Stadt Dortmund mit dem TZDO, mit der MST.factory und gemeinsam mit der Landesgesellschaft NRW.URBAN auf PHOENIX West umgesetzt hat, bildet einen sehr fruchtbaren Boden für Unternehmen wie unseres. Und aus meiner langjährigen Erfahrung in der Begleitung von Start-ups zum Erfolg glaube ich daran, dass es Sinn macht, auf einen Branchenschwerpunkt wie die Mikro- und Nanotechnologie zu setzen. So wächst ein Ökosystem an einem Standort, dessen einzelne spezialisierte Unternehmen voneinander profitieren.

Ihre Kontaktperson

Birgit Jakoby, NRW.URBAN

Birgit Jakoby
Projektmanagement

Revierstraße 3,
44379 Dortmund
Tel.: 0231 4341.267

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