Wollen gemeinsam Zukunft gestalten: Verantwortliche der Stadt Duisburg, des Unternehmens thyssenkrupp, des Zentrums für BrennstoffzellenTechnik (ZBT) und der Landesgesellschaft NRW.URBAN.
Duisburg transformiert sich zu einem führenden Wasserstoff-Hub, unterstützt durch die strategischen Planungen und Initiativen von NRW.URBAN. Die landeseigene Gesellschaft begleitet die Stadt Duisburg und weitere Projektpartner dabei, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen und Duisburg zu einem Modellstandort für nachhaltige Energielösungen zu machen. Eine Standortanalyse und eine Machbarkeitsstudie sollen Klarheit bringen, wie ein ehemaliges Grobblechwerk des Unternehmens thyssenkrupp Steel Europe AG in Duisburg-Hüttenheim für die Ansiedlung eines Wasserstoff-Hubs genutzt werden kann.
„Duisburg ist ein sehr selbstbewusster Industriestandort. Die Industrie von morgen kommt nicht mehr ohne die Komponente Wasserstoff aus. Deshalb müssen wir bei allen weiteren Entwicklungen mit bei den Ersten sein.“ Romy Seifert, Stabsstellenleiterin für Wirtschafts-, Europa-, Fördermittelangelegenheiten der Stadt Duisburg, bringt es auf den Punkt. Strukturwandel, das bedeutet für Duisburg nicht, Industrien einzustellen und durch Dienstleistungen oder Gewerbe zu ersetzen. Strukturwandel bedeutet: leistungsstarke Industrien, die Menschen und Stadt seit Jahrzehnten prägen, umzuwandeln und innovativen Industrien, die sich neu ansiedeln wollen, Raum zu geben.

Das Team von NRW.URBAN: Helge Mankowski (re.) und Andrej Vuckovic (li.) vom Bereich Planung | Steuerung | Bau, Peter Driesch (Mitte), Projektmanagement
Gemeinsame Vision für den Standort Duisburg-Hüttenheim
Ein solcher Raum, ein riesiges Areal von circa 215.000 Quadratmetern, ist das ehemalige Grobblechwalzwerk von thyssenkrupp Steel Europe in Duisburg-Hüttenheim. Die letzten Walzaufträge wurden hier im Frühjahr 2021 bearbeitet. Danach wurde die zentrale Anlage des Werks, die Walzstraße, stillgelegt. Das Geschäft mit Grobblech unter dem Dach von thyssenkrupp Steel Europe ließ sich nicht mehr wirtschaftlich tragfähig aufstellen. In Zukunft setzt das Unternehmen auf die Produktion von Premiumstählen für den Automobil- und hochwertigen Industriebereich sowie auf Stähle für die Elektromobilität und die Verpackungsindustrie.
Aktuell laufen die letzten Arbeiten für den Rückbau der Anlagen. Für die zukünftige Nutzung des Areals haben die Stadt Duisburg und thyssenkrupp Steel Europe eine gemeinsame Vision. Führende Wissenschaftler vom Zentrum für BrennstoffzellenTechnik (ZBT) in Duisburg sind ebenfalls mit an Bord: Das einstige Grobblechwerk in Duisburg-Hüttenheim soll ein HyHub werden.


Bilder: Christoph Kniel
Stahlbranche muss sich dekarbonisieren
Dr. Jens Reichel, Leiter Strategy Projects Energy bei thyssenkrupp Steel Europe, erläutert die Vorteile, die eine solche Entwicklung für seine Branche hat: „Wir haben als Stahlindustrie die besondere Aufgabenstellung, unsere Prozesse zu dekarbonisieren. Wir bauen dazu im Duisburger Norden die erste zukünftig wasserstoffbetriebene Direktreduktionsanlage. Schon mit dieser ersten Direktreduktionsanlage lassen sich dreieinhalb Millionen Tonnen CO2 im Jahr einsparen.“ Ein altes Werk muss aufgrund der sich verändernden Marktbedingungen weichen und macht Zukunftstechnologien Platz, die an anderer Stelle in Duisburg die Stahlproduktion revolutionieren können. Deshalb ist das Interesse des Konzerns groß, die in Hüttenheim frei werdenden Flächen gemeinsam mit der Stadt Duisburg zu entwickeln.

Die Hallen des Grobblechwerks von thyssenkrupp in Duisburg-Hüttenheim – die Drohnenaufnahme macht die großen Ausmaße der Industrieanlage anschaulich.
”Ein altes Werk muss aufgrund der sich verändernden Marktbedingungen weichen und macht Zukunftstechnologien Platz
Übergang statt Umbruch
Flächenknappheit auf der einen Seite, brachliegende altindustrielle Flächen auf der anderen Seite. Duisburg ist wie kaum eine andere Stadt in Deutschland von der Großindustrie geprägt. Das ist Sören Link, Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, bewusst und das möchte er in Zukunft gemeinsam mit seinen Verwaltungsteams noch stärker als positiven Standortfaktor herausarbeiten. Sören Link: „In den vergangenen Jahrzehnten stand die Stadt nach industriellen Umbrüchen – zum Beispiel im Stadtteil Rheinhausen – vor der Herausforderung, Flächen nach längerem Brachliegen mit geeigneten Partnern zu entwickeln. Hier in Hüttenheim erleben wir keinen Bruch, sondern einen Übergang.“ Und dies eröffne besondere Erfolgschancen für die Etablierung eines HyHubs am Standort. Gemeinsam mit der NRW.URBAN Kommunale Entwicklung GmbH sei es das Ziel, die Fläche „sinnstiftend zu transformieren.“
Dass der Nukleus der bisherigen Zielsetzungen die Wasserstoff-Branche ist, hat mehrere Gründe: Entlang des Südrands des Geländes läuft bereits eine Wasserstoff-Pipeline. Über den Netzbetreiber gibt es einen sehr leistungsfähigen Stromanschluss, der zukünftig noch weiter ausgebaut wird. Das ist nicht nur für Forschungseinrichtungen und Unternehmen, die sich mit der Anwendungsentwicklung beschäftigen, interessant, sondern kann auch Unternehmen, die Wasserstoff erzeugen, beste Möglichkeiten bieten. „Die Wasserstofftechnologie wird uns, wird die Industrie überhaupt, über mehrere Dekaden begleiten. Im Zusammenhang mit der Wasserstofftechnologie wird noch eine ganze
Reihe weiterer Technologien entwickelt, die zukünftig in der Industrie und auch in der Mobilität Anwendung finden. Deshalb haben wir ebenso wie die Stadt Duisburg großes Interesse daran, dass hier am Standort nicht nur industrielle Anwendungen entstehen, sondern alles von Forschungs- und Entwicklungskonzepten begleitet wird“, erläutert Joachim Jungsbluth, Leitung strategische Projekte am ZBT Duisburg. Auch die bestehenden Gasleitungen, die durch die Umstellung von L-Gas auf H-Gas frei werden, können für den Transport von Wasserstoff umgewidmet werden. Ebenfalls attraktiv ist die Anbindung an die Niederlande mit ihren Seehäfen, die Transporte von Wasserstoff in großen Mengen nach Duisburg möglich machen.
Joachim Jungsbluth: „Die Pipeline und die damit verbundene Infrastruktur bilden ein Alleinstellungsmerkmal. Die großen Mengen an Wasserstoff, die zum Beispiel für Heavy-Duty-Anwendungen oder für industrielle Prozesse benötigt werden, lassen sich nicht über den Transport mit Tankwagen realisieren.“

Ein Blick ins ZBT: eine der führenden europäischen Forschungseinrichtungen für Brennstoffzellen, Wasserstofftechnologien und Elektrolyse-Verfahren.

Das 3-Säulen-Modell für einen HyHub
Michael Rüscher, Beigeordneter für Wirtschaft, Integration, Sicherheit und Ordnung der Stadt Duisburg: „Wir arbeiten aktuell mit einem 3-Säulen-Modell: Infrastruktur, Bildung und Forschung sowie Flächenqualifizierung.“ Beim Thema Infrastruktur spielten nicht nur die Wasserstoff-Pipeline und die leistungsstarken Stromleitungen eine Rolle, auch dem Duisburger Hafen komme eine wichtige Bedeutung zu, zum Beispiel wenn es um die Anlieferung von Derivaten gehe. Über das ZBT sei das deutschlandweit führende Forschungsinstitut im Bereich H2 eingebunden. Gemeinsam mit dem ZBT plane die Stadt Duisburg zudem den Aufbau eines Bildungszentrums, um Fachkräfte im Umgang mit Wasserstoff zu schulen. „Anlagen müssen ja auch bedient und gewartet werden“, so Michael Rüscher.
Das Industrieflächenentwicklungsprojekt in Duisburg-Hüttenheim fügt sich perfekt in die Gesamtstrategie der Stadt Duisburg ein. Matthias Heina, Wasserstoff-Koordinator der Stadt Duisburg, erläutert die mannigfaltigen Aktivitäten in der Ruhrgebietsstadt: „Neben der Entwicklung des ehemaligen Grobblechwerks in Duisburg-Hüttenheim zu einem führenden Standort für die Erforschung und Erprobung von Brennstoffzellentechnologie sowie die Ansiedlung von Unternehmen aus dem Ökosystem Wasserstoff und dem damit verbundenen Ausbau der H2-Pipeline gehört vor allem der Bau eines besonderen Terminals im Duisburger Hafen dazu.“ Mit dem Projekt „enerPort II“ entsteht nicht nur das größte Containerterminal im europäischen Hinterland, das Duisburg Gateway Terminal (DGT). Es wird auch zukünftig vollkommen klimaneutral mit Wasserstoff, Photovoltaik und Batteriespeichern betrieben.
H2 wird zudem von den Duisburger Verkehrsbetrieben (DVG) genutzt, die aktuell auf Brennstoffzellenbusse umstellen, 25 Fahrzeuge wurden bereits bestellt. Die Wirtschaftsbetriebe Duisburg (WBD) setzten außerdem als erstes Kommunalunternehmen bundesweit ein wasserstoffbetriebenes Entsorgungsfahrzeug in der Restmüll-Abfuhr ein. Sieben solcher Fahrzeuge sind mittlerweile im Betrieb.
”Die Ausweisung als Industriefläche ist zunächst ein wichtiger Wert an sich, denn Industrieflächen werden in Duisburg und in der Region dringend benötigt.
Peter DrieschProjektmanagement, NRW.URBAN

Die Rolle der NRW.URBAN Kommunale Entwicklung GmbH
Seit fast einem Jahr ist das Team von NRW.URBAN beratend und begleitend im Rahmen der Qualifizierung des Standorts tätig. „Wir sind Sparringspartner für alle Parteien“, sagt Peter Driesch vom Bereich Projektmanagement bei NRW.URBAN, der das Projekt leitet. Die erste Projektphase habe gezeigt, dass der Standort für die Stadt Duisburg, aber auch für die weiteren Projektpartner zahlreiche Standortvorteile birgt.
Peter Driesch: „Die Ausweisung als Industriefläche ist zunächst ein wichtiger Wert an sich, denn Industrieflächen werden in Duisburg und in der Region dringend benötigt.“ Ein weiterer Pluspunkt sei die vorliegende Energie-Infrastruktur, die sich an anderen Standorten fast nur noch durch den Neubau auf der grünen Wiese abbilden ließe. Schließlich handele es sich hier nicht, wie bei zahlreichen anderen NRW.URBAN-Projekten, um eine Brachflächenentwicklung, sondern um die Qualifizierung eines Standorts, der bis vor Kurzem noch produziert hat und in Teilen aktuell noch genutzt wird. Peter Driesch: „Wir können im Dialog mit den Expertinnen und Experten der Flächeneignerin, der thyssenkrupp Steel Europe AG, qualifizieren und planen.“
Helge Mankowski und Andrej Vuckovic vom Bereich Planung | Steuerung | Bau bei NRW.URBAN haben in einer ersten Projektphase unter anderem die von thyssenkrupp Steel Europe zur Verfügung gestellten umwelttechnischen Gutachten und Bestandspläne geprüft, um daraus ableiten zu können, ob für die geplante Projektumsetzung weitere Folgeuntersuchungen notwendig sind. „Daraufhin folgte eine Begehung der Hallen. Bei solchen Begehungen identifizieren wir, ob es anlagenspezifische oder bauliche Besonderheiten gibt, die gegebenenfalls einer weiteren Untersuchung bedürfen, zum Beispiel Bereiche, an denen betriebsbedingte Beaufschlagungen mit Schadstoffen vermutet werden können“, erläutert Andrej Vuckovic. Den Prozess ergänzten ausführliche Experteninterviews.
„Im Rahmen der Interviews befragen wir gezielt Fachleute, die sich bestens mit dem Standort und dessen Historie auskennen. Auf der Seite von thyssenkrupp Steel Europe gibt es ein Team, das sich intensiv mit dem Rückbau beschäftigt. Das ist ein Quell wertvoller Informationen“, sagt Helge Mankowski.

Einer dieser Experten ist Andreas Patrascu, Teamleiter für die Infrastrukturprojekte von thyssenkrupp Steel Europe. Ob es um die Versorgung mit Energie, Strom und Gas oder die Wasserwirtschaft geht, Andreas Patrascu und sein Team kennen die Gegebenheiten und liefern alle technischen Details als Basis für weitere Analysen und Planungen. Andreas Patrascu: „Unsere aktuelle Aufgabe ist die Begleitung der Bestandsaufnahmen und späterer Rückbaumaßnahmen. Wir sind die Informationsschnittstelle zwischen der bisherigen Betreiberin thyssenkrupp Steel Europe und der NRW.URBAN Kommunale Entwicklung GmbH als Planungsinstanz im Auftrag der Stadt Duisburg.“
Die erste Phase der Untersuchungen ist nun abgeschlossen. NRW.URBAN hat darüber hinaus einen Erstentwurf zu verschiedenen Entwicklungsszenarien vorgelegt – vom Komplettabbruch über einen Teilrückbau bis zur Kompletterhaltung. Wie könnte der Standort in Zukunft aussehen? Welche strukturellen Anbindungen können genutzt werden? Im Herbst 2024 folgt nun ein Workshop mit allen Projektbeteiligten. Das Ziel ist, sich auf ein Szenario festzulegen, um alle weiteren Schritte für eine Machbarkeitsstudie einzuleiten.
Duisburg: Strategien für die Zukunft
Bildung, Forschung und Fertigung – dieser Dreiklang leitet die Zukunftsstrategie der Stadt Duisburg. Dabei nutzt sie die Potenziale, die über die Universität Duisburg-Essen zur Verfügung stehen, und schafft neue Räume für die Ansiedlung innovativer Unternehmen.
Zentrum für BrennstoffzellenTechnik (ZBT)
Das ZBT ist seit über 20 Jahren am Standort Duisburg verortet. Es ist eine der führenden europäischen Forschungseinrichtungen für Brennstoffzellen, Wasserstofftechnologien und Elektrolyse-Verfahren. Alleinige Gesellschafterin des ZBT ist seit dem Jahr 2005 die Universität Duisburg-Essen. Neben der anwendungsnahen Forschung ist die Qualifizierung von Expertinnen und Experten sowie Fachkräften ein wichtiges Anliegen des Instituts. Gemeinsam mit der Stadt Duisburg plant das ZBT den Aufbau eines Bildungszentrums zum Thema Wasserstoff. Das ZBT ist eine der Forschungseinrichtungen, die das Bundesverkehrsministerium ausgewählt hat, ein Technologie- und Innovationszentrum für
Wasserstoff in der Mobilität aufzubauen. 2025 möchte das ZBT mit dem Aufbau eines solchen Zentrums am Standort Duisburg-Hüttenheim beginnen – ein wichtiger Baustein für die Szenarien, die NRW.URBAN für das Gelände entwickelt.
Technologie-Quartier in Wedau-Nord
6-Seen-Wedau ist eines der größten Stadtentwicklungsprojekte in Deutschland: ein neues Wohngebiet mit rund 3.000 Wohneinheiten auf dem südlichen Teil, ein Technologie-Quartier mit fünf Clustern im Norden. Für die Entwicklung des Projekts gilt die Landesgesellschaft BEG/NRW.URBAN als Wegbereiterin. Denn es entsteht auf dem 30 Hektar großen Areal eines ehemaligen Bahnausbesserungswerks. Das Gebiet Wedau-Nord ist in fünf Nutzungsbausteine unterteilt. So verlagert die Universität Duisburg-Essen ihre ingenieurwissenschaftliche Fakultät an diesen Standort, während ein Technologie-Zentrum als Gründerzentrum und Schnittstelle zur Universität sowie weiteren Forschungseinrichtungen dient. Ein Innovationscampus bietet darüber hinaus Raum für Forschungsinstitute, technologieaffines Gewerbe und wachsende Start-ups. Der bereits etablierte Sportpark Duisburg wird um weitere grüne Räume zur Erholung und Entspannung erweitert. Ergänzend dazu wird ein denkmalgeschütztes Gebäudeensemble zusammen mit einem Rechenzentrum und einer neuen Energiezentrale das Eingangstor zum Quartier bilden.
Neuer Campus für die Universität Duisburg-Essen
Für die nachhaltige Neugestaltung des Duisburger Campus der Universität Duisburg-Essen (UDE) an der Lotharstraße hat NRW.URBAN einen Masterplan erstellt. Mit dem Masterplan verfügt der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen (BLB NRW) jetzt über ein planerisches Werkzeug, die zukünftige städtebauliche Entwicklung strategisch geordnet und nachhaltig zu gestalten. Das Team Konzepte | Entwicklung von NRW.URBAN hat für den Masterplan Möglichkeitsräume und Potenzialflächen identifiziert, die den Wunsch der Universität nach Umbau- und Erneuerungsmaßnahmen erfüllen können. Gleichzeitig hat die Planungsgruppe Vorschläge und Szenarien erarbeitet, wie der Campus attraktiver und grüner werden kann. Der Masterplan fokussiert deutlich auf die Themen Klimaschutz und Klimawandel. Seit Abschluss der Masterplanung Ende 2022 führen die Universität Duisburg-Essen und der BLB NRW den Erneuerungsprozess des Campusareals in enger Kooperation mit der Stadt Duisburg weiter.
Ihre Kontaktperson

Peter Driesch
Projektmanagement
Fritz-Vomfelde-Straße 10,
40547 Düsseldorf
Tel.: 0211 54238.316