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BeitragJournal 2/23Konzepte | Entwicklung

Mit dem Rad zur Bahn: Drei gute Ansätze in Münster, Neuss und Coesfeld

By 2. September 2023Oktober 2nd, 2023No Comments9 Minuten Lesezeit
Das größte Fahrradparkhaus Deutschlands steht in Münster. Neben Stellplätzen bietet es viele Serviceangebote rund ums Fahrrad. ©Kopfkunst
Das größte Fahrradparkhaus Deutschlands steht in Münster. Neben Stellplätzen bietet es viele Serviceangebote rund ums Fahrrad. Bild: ©Kopfkunst, Agentur für Kommunikation GmbH

Multimodalität und Intermodalität: Damit der Verkehr in unseren Städten nachhaltiger wird, sind Strategien gefragt, die eine bessere Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsmittel ermöglichen. Bike&Ride- und Park&Ride Stationen, sichere Abstellplätze für Fahrräder, gut aufeinander abgestimmte und komfortable Fahrpläne von Bussen und Bahnen sind dafür einige Beispiele. Infrastrukturmaßnahmen, die Hand in Hand mit einer nachhaltigen Stadtplanung gehen, erweitern das Spektrum. Die Digitalisierung kann diese Entwicklungen unterstützen. Denn Informationen über unterschiedliche Mobilitätsoptionen, das exakte Ausweisen von Fuß- und Fahrradrouten in Navigationssystemen, Service- und Parkangebote sowie agile Nachrichten über aktuell mögliche Kombinationen von Verkehrsmitteln machen es den Verkehrsteilnehmenden leichter, auf das eigene Auto zu verzichten. Das NRW.URBAN-Journal hat sich in Nordrhein-Westfalen umgeschaut.

Münster eröffnet Deutschlands modernste und größte Radstation

Das inzwischen realisierte Neubauprojekt „Hansator“ des Investors Landmarken AG in Münster bildet den Übergang zwischen der Münsteraner Innenstadt und dem Hansaviertel auf der Ostseite des Hauptbahnhofs. BahnflächenEntwicklungsGesellschaft (BEG)/NRW.URBAN steuerte die Flächenentwicklung des ehemaligen DB-Grundstücks und führte gemeinsam mit der Stadt Münster ein Investorenauswahlverfahren für eine mehrgeschossige, attraktive Neubebauung durch: Über den BahnflächenPool NRW wurden durch die Landesgesellschaft Mittel in Höhe von rund 75.000 Euro zur Finanzierung von Entwicklungskosten eingesetzt. In Kombination mit einer integrierenden Prozesssteuerung stellten diese Mittel den wesentlichen Hebel der gesamten Flächenaktivierung dar. Bei der Planung des Gebäudekomplexes wurde großes Augenmerk auf die
Förderung des multimodalen Verkehrs gelegt. So wurde über 22 Jahre nach Eröffnung der weiterhin bundesweit größten Radstation auf der Westseite des Hauptbahnhofs am Berliner Platz vor circa einem Jahr eine zweite Radstation mit 2.000 Stellplätzen von der Stadt Münster im „Hansator“ eröffnet – ausgestattet mit einem digitalen Parksystem. Über radstation.app können unter anderem Stellplätze gescannt und gebucht sowie das passende Bezahlmodell ausgewählt werden. Michael Milde, Leiter der Mobilitätsplanung der Stadt Münster: „Wir hoffen, dass es uns mit dieser innovativen Technik und dem attraktiven Angebot gelingt, die teilweise sehr ungeordnete und den Fußverkehr einschränkende Abstellsituation rund um den Hauptbahnhof zu verbessern.“ Denn ein „Parkverbot“ für Fahrräder gibt es in Deutschland nicht. Nur wenn Fahrräder verkehrsgefährdend abgestellt werden, dürfen sie vom Ordnungsamt entfernt werden. Rund um den Bahnhof in Münster sieht es deshalb „wild“ aus, mitunter ist für Fußgängerinnen und Fußgänger mancherorts kaum noch ein Durchkommen. Deshalb lag der Fokus bei der Entwicklung des Parksystems vor allem auf der Einfachheit für alle Nutzerinnen und Nutzer der Radstation: Einfachheit in der Benutzung des Buchungs- und Zahlungssystems in der App und Klarheit in der baulichen Raumsituation und auch der Wegeleitung und Kommunikation.

Unterschiedliche Mobilitätsoptionen machen es den Verkehrsteilnehmenden leichter, auf das eigene Auto zu verzichten.

Die Radstation in Münster bietet darüber hinaus Serviceangebote für Radfahrende: Eine Meisterwerkstatt bietet professionellen Service rund ums Fahrrad, Reparaturen und Ersatzteile. In der Regel sind die Fahrräder innerhalb von 24 Stunden abholbereit. Auch Gebrauchträder werden – generalüberholt – zum Kauf angeboten. Als besonderer Service steht zudem auf der Westseite eine Waschanlage für Fahrräder. Hier werden Drahtesel in nur fünf Minuten gesäubert. Für Ausflüge und Erledigungen in und um Münster hält die Radstation einen Bestand von 240 Mieträdern, davon 15 Elektroräder, vier Räder ausgestattet mit Kindersitz, zwei Gespanne mit Kinderanhängern, 20 Kinder- und Jugendräder und sechs Tandems vor. Für Michael Milde steht fest: „Mit den beiden Radstationen und ihren insgesamt 5.500 Radabstellplätzen am Hauptbahnhof geht Münster auch beim Fahrradparken mit gutem Beispiel voran.“

Die Radstation In Neuss soll modernisiert werden: Das bewährte Betreiberkonzept in Kooperation mit der Caritas bleibt bestehen.
Die Radstation in Neuss soll modernisiert werden: Das bewährte Betreiberkonzept in Kooperation mit der Caritas bleibt bestehen. Bild: ©Christian Nielinger

Sozialer Träger bewirtschaftet Radstation in Neuss

BEG/NRW.URBAN erarbeitet aktuell eine städtebauliche und verkehrliche Rahmenplanung für das Bahnhofsumfeld in Neuss, die aus dem Programm „Schöner ankommen in NRW“ des Landes NRW gefördert wird. Bis zur Landesgartenschau 2026 sollen die ersten deutlichen Verbesserungen am und im Hauptbahnhof sichtbar sein. Im Kontext der Bahnhofsneugestaltung und der angestrebten Verkehrswende plant die Stadt Neuss den Neubau eines Fahrradparkhauses, dass die vorhandene aber langfristig nicht mehr aktuellen Ansprüchen genügende Radstation an gleicher Stelle ersetzen soll. „Die Caritas wird weiter Betreiber der Radstation sein, denn die Verknüpfung von Serviceangeboten mit der Reintegration langzeitarbeitsloser Menschen in den Arbeitsmarkt funktioniert sehr gut“, sagt Tim Völlmer, Sachbearbeiter im Amt für Stadtplanung in Neuss. Allerdings benötige die Caritas mehr und modernere Räume für Ausbildung, Schulung und Soziales. Auch die Stellplätze für die Fahrräder in Doppelhochgaragenplätzen ohne hydraulische Unterstützung ist insbesondere mit Blick auf den Trend zu E-Bikes nicht mehr zeitgemäß. In Workshops im Rahmen von „Schöner ankommen in NRW“ hat die Stadt Neuss mit der DB, BEG/ NRW.URBAN, der Caritas und externen Fachleuten ein Konzept entwickelt, das einen zweigeschossigen Neubau auf der Grundfläche der heutigen Radstation vorsieht. Eine moderne Fahrradwerkstatt soll dabei ihren Platz mit dem schon vorhandenen Parkdeck für Räder tauschen. So könnte ein Gepäcktunnel reaktiviert werden und den Radstation-Nutzern einen direkten Zugang zu den Gleisen 5 bis 8 gewähren. Die für die Beschäftigten der Caritas benötigten Räume sollen in das Obergeschoss des neuen Parkhauses beziehungsweise in das angrenzende Hauptgebäude des Bahnhofs integriert und barrierefrei zugänglich gemacht werden. Mit diesem Konzept hat sich die Stadt Neuss für das Bundesprogramm „Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen“ beworben. In der zweiten Phase des vom Bundesverkehrsministerium durchgeführten Auswahlverfahrens ging die Stadt Neuss allerdings leer aus. Die Projektskizze für die Radstation mit Fahrradparkhaus dient aber als gute Basis für das Anzapfen weiterer Fördertöpfe, dem sich die Stadt Neuss nun widmen wird.

Am Bahnhof in Coesfeld bieten zwei Fahrradparkhäuser sichere Abstellmöglichkeiten. Auch eine Leihradstation ist dort zu finden.
Am Bahnhof in Coesfeld bieten zwei Fahrradparkhäuser sichere Abstellmöglichkeiten. Auch eine Leihradstation ist dort zu finden. Bild: ©Marius Jacoby

Schöner ankommen in Coesfeld mit Rad, Bus und Bahn

Im März 2023 konnte die Stadt Coesfeld die Fertigstellung eines neuen Bahnhofsquartiers verkünden. Verschiedene Landesunterstützungsinstrumente griffen bei der vorbildlichen Umsetzung ineinander, das Zusammenwachsen von zukunftsgerechter Siedlungs- und Mobilitätsentwicklung wird in Coesfeld besonders sichtbar. BEG/NRW.URBAN steuerte die Grundstückskäufe von der DB unter anderem im Rahmen eines gemeinsamen Investorenauswahlverfahrens mit der Stadt Coesfeld für den Abriss und Neubau des Empfangsgebäudes, um die Maßnahmen der DB Station&Service AG im Bahnsteigbereich im Rahmen der „Modernisierungsoffensive für Bahnhöfe in NRW“ abzurunden. Im Weiteren unterstützte BEG/ NRW.URBAN die Prozesse zur Realisierung der P&R- und Fahrradabstellanlage an der Ostseite und des westlichen Zugang zu den Gleisen durch die Stadt Coesfeld.

Mit der Neugestaltung des Bahnhofsumfeldes und des Neubaus des Empfangsgebäudes ging in Coesfeld auch eine neue Mobilitätsstation in Betrieb. Neben der Verknüpfung von SPNV, ÖPNV, BürgerBus und Taxiständen entstanden im Neubau des Empfangsgebäudes eine offene, kostenlose Abstellanlage an der Ostseite sowie ein kostenpflichtiges Fahrradparkhaus auf der Westseite. Insgesamt finden am Bahnhof in Coesfeld 312 Fahrräder Platz. Neben Einstellplätzen für „normale“ Fahrräder und E-Bikes werden auch Stellplätze für Lastenräder vorgehalten. Im frei zugänglichen Fahrradparkhaus finden Radlerinnen und Radler zudem eine Reparaturservicestation mit Luftpumpen und der Möglichkeit, kleine Reparaturen selbst durchzuführen. Zwischen 70 und 80 Prozent der Einstellplätze sind täglich belegt.

Das zweite Fahrradparkhaus ist nur über einen Zugangscode nutzbar, direkt an der Anlage oder über die App Radbox.NRW buchbar. Die Anlage mit insgesamt 72 Stellplätzen, davon sechs für Lastenräder, wurde zu Beginn des Jahres 2023 eröffnet. Insgesamt sind durchschnittlich täglich 40 Plätze belegt. „Dieses Parkhaus wird in den Wintermonaten beheizt, Regenkleidung und Fahrradhelme können in verschließbaren Schränken untergebracht werden“, informiert Uwe Dickmanns von der Stadt Coesfeld.

Holger Ludorf vom Fachbereich Planung, Bauordnung, Verkehr der Stadt Coesfeld ergänzt: „Die Stadt Coesfeld plant im Rahmen des Masterplan Mobilität weitere Mobilitätshubs an den Bahnhöfen ‚Schulzentrum‘ und Lette. In allen 38 Quartieren der Stadt soll es in Zukunft mindestens eine Mobilstation geben. Der Masterplan Mobilität priorisiert eindeutig den Radund Fußverkehr sowie den öffentlichen Verkehr im gesamten Stadtbild, um die nachhaltige Mobilität zu stärken und zahlt damit auf die Ziele des Klimaschutzes ein.“

Um Coesfeld als Fahrradstadt und als Stadt der kurzen Wege weiterzuentwickeln, werden in Zukunft in der Innenstadt Straßen zu Gemeinschaftsstraßen ausgebaut, das Parken in der Innenstadt soll aus dem Straßenraum verschwinden und so konzentriert werden, dass für Handel und Pendlerverkehr ausreichend Parkplätze in Sammelgaragen zur Verfügung stehen. Mit diesen Maßnahmen soll der Bau von Fahrradstraßen und eine Verkehrsberuhigung zugunsten des Rad- und Fußverkehrs auf der Wallanlage, in der (nordwestlichen) Innenstadt und im Hengtegebiet einhergehen.

Unser Auftrag

Hier ist die NRW.URBAN GmbH & Co.KG  tätig für das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.

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