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BeitragJournal 2/22

Nachhaltige Entwicklungen im Fokus – Wieviel Dichte verträgt der ländliche Raum?

By 10. Oktober 2022Mai 30th, 2023Keine Kommentare
Gemeinsam an Wohnquartieren der Zukunft bauen – Projektbesprechung in Münster, (v.l.) Lisa Haag, Lisa Schäfer, Lena Kurzbein, Martina Lüggert.
Fotos: Marius Jacoby

Auf Reisen besuchen viele Menschen gern Metropolen, quetschen sich durch enge Altstadtgassen, stehen staunend vor Wolkenkratzern oder zücken das Handy im Panoramarestaurant. Und zu Hause? Da scheint der Reiz des nahen Zusammenrückens verloren gegangen zu sein. Da gelten Hochhäuser häufig als Bausünden. Städtebauliche Dichte galt lange Zeit als No-Go. Dabei sind „Dichte“ und „Höhe“ wichtige Parameter, wenn es um reduzierten Flächenverbrauch, demografische Entwicklungen und nachhaltiges Bauen geht.

Berührungsängste abbauen

Vor allem ländliche Kommunen haben beim Thema „Dichte“ noch Berührungsängste. Das erleben Mitarbeitende von NRW.URBAN auch, wenn sie in Projekten zwischen Münster und Osnabrück im Einsatz sind. Martina Lüggert, Architektin, im Bereich Projektmanagement bei NRW.URBAN tätig, meint: „Inzwischen ist der Bedarf an Mehrfamilienhäusern auch in kleineren Kommunen vorhanden. Auch auf dem Land nehmen die Single-Haushalte zu, wächst der Flächenbedarf, steigt das Interesse an Mehrgenerationenwohnen. Für diese Anforderungen analysieren wir gewissenhaft, wieviel Dichte eine kleine Gemeinde verträgt.“ Seit Martina Lüggert bei NRW.URBAN tätig ist, kann sie ihre Profession mit noch größerer persönlicher Überzeugung leben als zuvor. 20 Jahre hat
sie bei einem privaten Baulandentwickler gearbeitet, den Prozess vom Eigentümergespräch bis zum Endausbau begleitet. „Dieser ganzheitliche Ansatz hat mich immer fasziniert, jetzt kann ich jedoch viel mehr daraufhin arbeiten, sozial gerechten Wohnraum zu schaffen und Aspekte der Nachhaltigkeit zu verfolgen“, sagt sie. Der Austausch in den multiprofessionellen Teams mache ihr zudem extrem viel Spaß.

Münster, York-Kaserne: Nachhaltige Entwicklungen im Fokus
Münster, York-Kaserne: Nachhaltige Entwicklungen im Fokus

Auch auf dem Land nehmen die Single-Haushalte zu, wächst der Flächenbedarf. Für diese Anforderungen analysieren wir gewissenhaft, wieviel Dichte eine kleine Gemeinde verträgt.

Martina LüggertProjektmanagement

Lisa Schäfer, Raumplanerin im Bereich „Konzepte | Entwicklung“ nickt zustimmend: „Wir lernen sehr viel voneinander. Es ist einfach toll, welche Interdisziplinarität das Haus NRW.URBAN vereint. Man kann stets auf die nötigen Ressourcen zurückgreifen und trifft sich in verschiedenen Projekten immer wieder – das macht effektives Arbeiten möglich.“ Lisa Schäfer betreut eine Reihe von Projekten der Kooperativen Baulandentwicklung sowie aus dem Programmbereich Bau.Land.Partner. In Lotte, Nottuln, Havixbeck oder Nordwalde ist sie aktuell im Einsatz.

Häufig bildet sie ein Team mit Lisa Haag, ebenfalls im Bereich „Konzepte | Entwicklung“ tätig. Sie befasst sich damit, welche planerischen Aspekte und Maßnahmen klug miteinander kombiniert werden können, um Entwicklungen zu ermöglichen, die noch in Jahrzehnten Bestand haben und hohe Qualitäten bieten. So ging es auch bei einem Projekt in Havixbeck unter anderem um die Frage einer ortsangemessenen, zukunftsfähigen Dichte. Das NRW.URBAN Projektteam setzte sich zunächst mit einer im Umfeld des Programms Bauland an der Schiene entstandenen, für die Region klassischen städtebaulichen Rahmenplanung mit überwiegend Einfamilienhäusern auseinander. „Mobilität, Energieversorgung, Klimaanpassung – all das stand im ersten Entwurf eher weniger im Fokus“, berichtet die Raumplanerin. Politische Stimmen hinterfragten jedoch den Entwurf: War das wirklich das, was sich die Bürgerinnen vor Ort wünschten?

Offen für neue Konzepte

Das Team von NRW.URBAN unterstützte die Gemeinde, ein Werkstattverfahren einzurichten. Die Landesgesellschaft lud Expertinnen und Experten zu den Themen Städtebau, Freiraum und Identität sowie zu den Themen neue Mobilität und nachhaltige Energie- und Wärmeversorgung ein, fragte die Meinung der Bürgerinnen und Bürger nach jedem Impulsvortrag via App ab, um Stimmungsbilder einzufangen und ließ an Thementischen viel Raum für Fragen und Diskussionen. Lisa Schäfer: „Dabei kam heraus, dass die meisten Menschen in Havixbeck vor allem nachhaltige Wege in der Stadtentwicklung befürworten und die Notwendigkeit eines geringen Flächenverbrauchs schon längst erkannt haben.“ Ein neues Verfahren kam ins Rollen, über ein kooperatives Gutachterverfahren erstellten Fachbüros eine neue Rahmenplanung, die schließlich zu einem Entwurf mit mehr Dichte führte.

Münster, York-Kaserne: Nachhaltige Entwicklungen im Fokus
Münster, York-Kaserne: Nachhaltige Entwicklungen im Fokus

Die meisten Menschen haben die Notwendigkeit eines geringen Flächenverbrauchs schon längst erkannt.

Konzepte und EntwicklungProjektmanagement

Intelligente Freiraumplanung

Dass Dichte und eine intelligente Freiraumplanung sich nicht ausschließen, verdeutlicht Lena Kurzbein vom NRW.URBANBereich „Planung | Steuerung | Bau“ an einem Beispiel. Die Landschaftsökologin und Artenschutzexpertin springt von Projekt zu Projekt, ist immer dann vor Ort, wenn es um Maßnahmen zum Schutz von Pflanzen und Tieren geht. So hat sie gerade mit Martina Lüggert gemeinsam Anpflanzungen beim Bauprojekt in Lotte geplant. „Wir legen dort frühzeitig einen dichten und artenreich bepflanzten Schutzstreifen an, der bis zum Erstbezug der Häuser so dicht sein wird, dass die dort lebenden Fledermäuse nicht vom Licht des neuen Quartiers gestört werden“, erläutert sie.

Im Rahmen des DNA-Prozesses hat sich bei NRW.URBAN eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, die sich der Klimaneutralen Stadtentwicklung widmet. Lena Kurzbein: „Es freut mich, dass ich die in meinem Studium erworbene Expertise einbringen kann, wenn es um Nachhaltigkeit in der Stadtplanung geht. Ich lerne aber auch immens viel von den Kolleginnen und Kollegen. Ich finde es gut, dass sich meine persönlichen Überzeugungen mit der Ausrichtung des Unternehmens, in dem ich arbeite, decken, und dass sich mein Blick durch die Hinweise der anderen weiter schärft.“

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