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BeitragJournal 2/24Konzepte | Entwicklung

Kraftwerk Frimmersdorf in Grevenbroich: Von der Braunkohleverstromung zum Digitalpark

By 4. Oktober 2024Dezember 11th, 2024No Comments5 Minuten Lesezeit
Außenansicht des Kraftwerks Frimmersdorf
Bild: Franklin Berger

Imposant erstreckt sich die Front der Kraftwerksanlagen in Frimmersdorf entlang der Energiestraße über fast einen Kilometer, das gesamte Werksgelände ist 1,5 Kilometer lang und 450 Meter breit. Stefan Diezmann, Mitarbeiter in der Abteilung Elektrotechnik der RWE Power AG, kennt hier jedes Kabel und jeden Stein. Seit 37 Jahren war das Kraftwerk sein Arbeitsplatz, aufgrund seiner guten Ortskenntnisse begleitet er nun den Rückbau der Anlagen und hin und wieder auch Besuchergruppen, die die stummen Riesen am Rande des Tagebaus besichtigen möchten. Man merkt Stefan Diezmann an, dass er dem Ende der Braunkohleförderung und dem Rückbau „seines“ Kraftwerks wehmütig entgegensieht, aber: „Es ist auch spannend, die Vorbereitungen für den Transformationsprozess zu begleiten.“

Markus Dietrich, kommissarischer Projektleiter für den Rückbau des Kraftwerks Frimmersdorf bei der RWE Power AG, blickt vor allem in die Zukunft: „Zu Spitzenzeiten arbeiteten 2.500 Menschen im Kraftwerk Frimmersdorf. Heute sind noch 140 Mitarbeitende am Standort tätig. Diese Dimension zeigt, wie wichtig es ist, den Standort in eine neue Nutzung zu überführen, die auch wieder interessante Arbeitsplätze schafft.“

Markus Dietrich, kommissarischer Projektleiter für den Rückbau des Kraftwerks Frimmersdorf bei der RWE Power AG
Markus Dietrich, kommissarischer Projektleiter für den Rückbau des Kraftwerks Frimmersdorf bei der RWE Power AG
Stefan Diezmann, Mitarbeiter in der Abteilung Elektrotechnik der RWE Power AG
Stefan Diezmann, Mitarbeiter in der Abteilung Elektrotechnik der RWE Power AG

Grüner Strom liefert Energie

Parallel zum Rückbau der Kraftwerke im Rheinischen Revier laufen auf ehemaligen Tagebauflächen immer mehr Projekte zur regenerativen Stromgewinnung an: Es entstehen Solar- und Windparks. In Kombination mit der stabilen leistungsfähigen Infrastruktur, die aufgrund der Kraftwerksnutzungen über Jahre ausgebaut wurde, bestehen für die Entwicklung eines Digitalparks am Standort beste Zukunftsaussichten. Das Kraftwerk Frimmersdorf wird in den nächsten Jahren größtenteils zurückgebaut, um Platz für neue und energieintensive Industrien zu schaffen. Die markante Maschinenhalle und einige benachbarte Anlagen sollen jedoch im Sinne der industriekulturellen Denkmalpflege erhalten bleiben.

Kraftwerk Frimmersdorf - Schornsteine
Kraftwerk Frimmersdorf Drohnenperspektive Totale
Kraftwerk Frimmersdorf Außenansicht Details
Bilder: Christoph Kniel
Kraftwerk Frimmersdorf - Maschinenhalle mit Rohren

Landesbetrieb IT.NRW als Pionier

Inzwischen gibt es konkrete Pläne für eine mögliche wirtschaftlich tragfähige Zukunft der Maschinenhalle: Im zentralen Kraftwerksgebäude soll ein Rechenzentrum auf mehr als 20.000 Quadratmetern für den Landesbetrieb IT.NRW errichtet werden. Dadurch werden drei der 14 Baufelder genutzt. Auf weiteren sieben Baufeldern ist die Ansiedlung weiterer Rechenzentren im Gebäude möglich.

Wirtschaftsgeschichte hautnah

Das Kraftwerk Frimmersdorf war einst der größte Braunkohlestandort der Welt. Der gesamte Standort Frimmersdorf II hat seit Bestehen fast 1.000 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt – genug, um Düsseldorf 250 Jahre unter Strom zu halten. Bereits 1954 erfolgte die Grundsteinlegung für die ersten Blöcke A und B, sukzessive entstanden dann die Blöcke C bis O, bis Anfang der 1970er Jahre noch P(aula) und Q(uelle) hinzukamen. Die sukzessive Stilllegung begann 1988. Mit dem technologischen Fortschritt konnte der Wirkungsgrad der Kohleverwertung so gesteigert werden, dass weniger Braunkohle in moderneren Anlagen die gleiche Leistung wie zuvor produzierte. Am 1. Oktober 2017 wurden schließlich aber die letzten beiden Blöcke in die sogenannte Sicherheitsbereitschaft überführt und abgeschaltet. Am 30. September 2021 endete die Ära der Braunkohleverstromung in Frimmersdorf.

Maschinenhalle des Kraftwerks Frimmersdorf

Mehrstufiges Werkstattverfahren

Die Landesgesellschaft Starke Projekte GmbH (SP) treibt jetzt in Zusammenarbeit mit der Stadt Grevenbroich die zukunftsgerechte Entwicklung des Kraftwerkstandorts Frimmersdorf voran. 2022 startete ein mehrstufiges Werkstattverfahren. Erste Nutzungspotenziale des Standortes und Strategien für den Umgang mit der historischen Bausubstanz standen dabei im Vordergrund. 2023 folgte die zweite Stufe des Werkstattverfahrens: Planungsbüros und Gutachter beschäftigten sich mit Themen wie Rückbau und Tragwerk, architektonischer Machbarkeit oder Brandschutz und schufen die Grundlagen zur Entscheidung, ob und wie eine wirtschaftliche Nutzung des zentralen Kraftwerksbaus möglich wäre.

Im Laufe des Werkstattverfahrens stellte sich eine besondere Eignung des zentralen Kraftwerksbaus und der angrenzenden Flächen als zukünftiger Standort für die Erforschung, Entwicklung und Vermarktung von Informationstechnologien sowie für digitales und innovatives Gewerbe heraus. Zudem sollen zentrale Gebäude als Baudenkmal erhalten bleiben und Teil eines Denkmalpfads werden. Die Rahmenplanung für den Standort wird voraussichtlich bis Herbst 2024 abgeschlossen sein und dem Rat der Stadt Grevenbroich zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

Kraftwerk Frimmersdorf Maschinenhalle im Halbdunkeln
Kraftwerk Frimmersdorf Maschinenhalle Detail

Wissenswertes

Uns ist es in die DNA eingeschrieben, nachhaltige Konzepte für Wohnen, Arbeiten und Mobilität zu entwickeln sowie heute schon die Regionen von morgen zu planen – auch im Rheinischen Revier. Da der Strukturwandel und die Energiewende im Rahmen des beschlossenen Kohleausstiegs die Kommunen im Rheinischen Revier vor große Herausforderungen stellen, hat die Landestochter NRW.URBAN für diese besondere Aufgabe die Starke Projekte GmbH ins Leben gerufen. Im Auftrag des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bauen und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen entlastet sie die Kommunen durch Beratung und die Beschaffung gutachterlicher Expertisen und Planungsleistungen für städtebauliche, strukturwirksame Projekte. In dem Kontext stellt sie ein zentrales Fördermittelmanagement für nicht-investive Leistungen bereit. Damit geht nicht nur eine finanzielle, sondern auch personelle Unterstützung der Kommunen und eine Beschleunigung der Antragsprozesse im Rheinischen Revier einher.

Unser Auftrag

Hier ist die NRW.URBAN GmbH & Co. KG tätig für das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Ihre Kontaktperson

Stephan Beckers, NRW.URBAN

Stephan Beckers
Konzepte | Entwicklung

Fritz-Vomfelde-Straße 10,
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Tel.: 0211 54238.272

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