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BeitragJournal 1/23Projektmanagement

Projekt mit Signalwirkung: Neue Perspektiven für das Bahnbetriebswerk Gelsenkirchen-Bismarck

By 17. April 2023Keine Kommentare
Das ehemalige Bahnbetriebswerk Bismarck in Gelsenkirchen wir bald Standort für modernste Bahntechnik.
Das ehemalige Bahnbetriebswerk Bismarck in Gelsenkirchen wir bald Standort für modernste Bahntechnik.

Manchmal passt einfach alles: Die Stadt Gelsenkirchen möchte ein schon seit langer Zeit untergenutztes Gelände entwickeln. Der Eigentümer des Geländes, der Regionalverband Ruhr (RVR), hat großes Interesse, die wirtschaftliche Attraktivität der Region zu steigern. Das Land NRW steigt mit dem Unterstützungsinstrument Bau.Land.Partner ein. Und ein potenzieller Investor gewinnt eine Ausschreibung, die eine langfristige wirtschaftliche Perspektive sichert, den Standort zu entwickeln.

Batterieelektrische Fahrzeuge für die Schiene

Am 11. Januar 2023 hat das spanische Eisenbahnunternehmen CAF die Schlüssel für das zehn Hektar große Areal des ehemaligen Bahnbetriebswerks Gelsenkirchen-Bismarck übernommen. Samt aller Gebäude, die zum Teil – wie der architektonisch markante Ringlokschuppen – unter Denkmalschutz stehen. Ab 2025 wird CAF hier im Auftrag der Verkehrsverbünde VRR und NWL 76 hochmoderne batteriebetriebene Triebzüge für das Niederrhein-Münsterland-Netz mehr als 30 Jahre lang warten und instand halten. Weitere Wartungsverträge für andere Streckenbetreiber sollen noch hinzukommen.

Im Zuge der Ausschreibung hat CAF entlang des Streckennetzes einen geeigneten Standort für die Instandhaltungsanlage gesucht“, sagt Christian Tellkamp, Projektleiter Architektur und Bauwesen bei CAF. „Von mehr als 50 Standorten, die wir analysiert haben, stand Gelsenkirchen-Bismarck eindeutig auf unserer Favoritenliste.“ Das Gelände ist beidseitig ans Schienennetz angebunden, das vereinfacht viele bahnbetriebliche Vorgänge. Über eine derartige Standortqualität verfügen nicht mehr viele Liegenschaften, zumal zahlreiche historische Standorte der Deutschen Bahn mittlerweile
anderen Nutzungen zugeführt wurden oder bereits infrastrukturelle Folgenutzungen aufweisen. Gänzlich neue Infrastrukturen einzurichten ist immens zeitintensiv und teuer, eine brachliegende Fläche mit Gleisanschluss zu entwickeln, hingegen ein großes Glück für das Unternehmen.

Ansiedlung weiterer bahnaffiner Unternehmen

Das erklärt den Optimismus, den Christian Tellkamp bei einer Begehung ausstrahlt. Kaum vorstellbar, dass auf dem brachliegenden Bahngelände schon in Kürze digital gesteuerte Wartungsanlagen für Fahrzeuge der jüngsten Generation Platz finden sollen. Das Gelände wurde in den 1980er Jahren aufgegeben, als Zwischennutzung pflegten hier Eisenbahnfreunde ihre Dampflokomotiven. Das Konzept von CAF sieht nun einen Teilabbruch der Gebäude im westlichen Bereich vor, um dort eine moderne Werkstatt neu zu bauen. Der Ringlokschuppen sowie eine Verbindungshalle und die Drehscheibe bleiben als Hauptgebäude des Denkmalensembles erhalten. Dort will CAF eine Gleisanbindung reaktivieren, um weitere bahnaffine Unternehmen ansiedeln zu können. „Wir führen aktuell zahlreiche Gespräche, in der Region gibt es noch viele Betreiber von Lokomotiven und wichtige Gleisbauunternehmen, auch Schienensonderfahrzeuge könnten hier instand gesetzt werden“, erläutert Christian Tellkamp.

Konstantinos Kanelis, Christian Tellkamp, Oliver Seidel und Beate Preihs (v.l.n.r.) auf dem Außengelände des Bahnbetriebswerks Bismarck
Beahte Preihs und Konstantinos Kanelis von NRW.URBAN
Fotos: Martin Steffen
Tobias Brill (l.) und Thomas Huttny vom RVR

Wir leisten einen wichtigen Beitrag zusätzlichen Flächenverbrauch zu vermeiden und gleichzeitig die Mobilitätswende auf dem Weg zur klimaneutralen Metropole Ruhr voranzutreiben.

Oliver SeidelReferatsleiter Liegenschaften und Hochbau, RVR

Wirtschaftliche Impulse für die Ruhrregion

Tobias Brill, Teamleiter Grundstücksverkehr und Liegenschaftenbewirtschaftung beim RVR, teilt den Optimismus des Investors: „Für Gelsenkirchen, aber auch für die Region, ist es immens wichtig, zukunftsfähige und nachhaltig agierende Unternehmen wie die CAF anzusiedeln. Unsere früheren Ideen, das Gelände zu entwickeln, erwiesen sich als wirtschaftlich nicht tragfähig.“ 2001 war das Areal ins Eigentum des RVR übergegangen. Ursprüngliche Planungen, den Standort für touristische Zwecke zu nutzen, musste der Verband verwerfen. In engem Austausch mit der Stadt Gelsenkirchen organisierte Thomas Huttny aus dem Team für Grundstücksverkehr und Liegenschaftenbewirtschaftung beim RVR das Vertragsmanagement mit den Alt-Pächtern und die Übergabe an CAF. Bei Oliver Seidel, Referatsleiter Liegenschaften und Hochbau beim RVR, liefen alle Fäden zum Projekt zusammen. „Die Unterstützung von NRW.URBAN bei der Bestandsaufnahme und die systematische Vorgehensweise der Expertinnen und Experten der Landesgesellschaft waren für den Kriterienkatalog des Interessenbekundungsverfahrens sehr hilfreich“, sagt Oliver Seidel. Der RVR sei in der Immobilienbewirtschaftung und in Verfahrensabläufenzwar sehr versiert, die Zusammenarbeit mit NRW.URBAN habe den Prozess jedoch enorm beschleunigt. Und im Fall des Bahnbetriebswerks bedeutete Zeit nicht nur Geld, sondern auch Zukunft. „Mit dem Verkauf ist es uns gelungen, eine brachgefallende Fläche zu reaktivieren. Die Wiedernutzung ehemals industriell oder gewerblich genutzter Flächen entspricht der Zielsetzung des RVR. Während wir seit vielen Jahren ehemalige Bahntrassen zu Radwegen und Halden zum Beispiel zur Naherholung und für den Tourismus entwickeln, freuen wir uns besonders, dass es uns am Bahnbetriebswerk gelungen ist, wieder eine wirtschaftliche Nutzung zu ermöglichen“, sagt Oliver Seidel. Der RVR sehe die Entwicklung als wichtigen Beitrag, einen zusätzlichen Flächenverbrauch zu vermeiden und gleichzeitig die Mobilitätswende auf dem Weg zur klimaneutralen Metropole Ruhr voranzutreiben.

Wertvolle Expertise interdisziplinärer Teams

Beate Preihs und Konstantinos Kanelis von NRW.URBAN haben das Projekt im Tandem betreut – mit wertvoller Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen, die über ihre langjährige Tätigkeit bei der Bahnentwicklungsgesellschaft (BEG) Know-how zum Eisenbahnrecht einbrachten. Gemeinsam dokumentierten sie den Zustand von Gebäuden und Gleisanlagen, analysierten die Erschließungssituation und führten Gespräche mit diversen Akteuren. „Das Programm Bau.Land.Partner ist dialogorientiert – dazu gehört nicht nur, den Austausch von Eigentümern,
Kommune und Investoren zu moderieren, sondern auch Anrainer mit ins Boot zu holen“, sagt Konstantinos Kanelis. So flossen in die Standorteinschätzung auch die Interessen der Emschergenossenschaft und eines Eigentümers angrenzender Parkplatzflächen ein. Beate Preihs: „Als die Wirtschaftsförderung Gelsenkirchen uns mitteilte, dass CAF das Gelände kauft, fühlten wir uns in unserer Arbeit bestätigt. Es ist der Idealfall, dass unsere Vorbereitungen so gut und exakt sind, dass ein späteres Nachsteuern nicht mehr nötig ist.“ Mit CAF lässt sich in Gelsenkirchen ein Unternehmen nieder, dass in einem ersten Schritt rund 50 langfristige Arbeitsplätze direkt vor Ort schafft, darüber hinaus aber auch regionale Strahlkraft entwickeln will – zum Beispiel für Lieferanten von Bahntechnikkomponenten. Bis zum Start ist allerdings noch eine Menge zu tun: In der ersten Ausbaustufe wird die Gleisinfrastruktur komplett instand gesetzt. Eine dreigleisige Werkstatthalle inklusive Hebebockanlage, Instandhaltungsgruben und Dacharbeitsbühnen sowie eine Halle mit Unterflurradsatzdrehbank zur Wartung von Radreifen werden gebaut. Eine geschlossene Außenreinigungsanlage für die automatische Wäsche von Schienenfahrzeugen und weitere Anlagen im Bereich der Abstell- und Rangiergleise werden errichtet. Es ist das erste Projekt des spanischen Unternehmens in dieser Größenordnung in Deutschland. CAF hat Mitte 2022 Teile der Produktion der Bombardier-Zugsparte von Alstom übernommen und erwartet den Zuschlag für weitere Wartungsverträge mit SPNV- und ÖPNV-Anbietern aus der Region. „Wir haben noch große Pläne für diesen Standort und für Deutschland“, sagt Christian Tellkamp.

Wissenswertes

Mit Bau.Land.Partner unterstützt das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen Kommunen dabei, unter-  oder ungenutzte Flächen wieder zu „Bauflächen“ zu machen,  Nachfolgenutzungen zu prüfen und Standorte zu aktivieren. Dabei spielt die Einbindung und Mitwirkung der Eigentümerinnen und Eigentümer eine zentrale Rolle. Das dialogorientierte Verfahren von Bau.Land.Partner wird maßgeblich aus Landesmitteln getragen und durchgeführt durch die Projektleiter*innen von NRW.URBAN.

Unser Auftrag

Hier ist die NRW.URBAN GmbH & Co. KG  tätig für das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Ihre Kontaktperson

Beate Preihs
Projektmanagement

Revierstraße 3, 44379 Dortmund
Tel.: 0231 4341.368

E-Mail schreiben
Beate Preihs, Projektmanagement, Portait

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